Tschimpke: Bundesregierung wird eigene Naturschutzziele verfehlen - In zwölf Jahren wenig erreicht
Berlin – Gerade mal 2,8 Prozent der Wälder in Deutschland dürfen sich natürlich entwickeln. Das ist das ernüchternde Ergebnis einer Studie des Bundesamtes für Naturschutz, die am heutigen Donnerstag in Berlin vorgestellt wurde. Damit wird die Bundesregierung voraussichtlich ihre selbst gesteckten Ziele verfehlen, bis 2020 fünf Prozent des Waldes forstwirtschaftlich nicht mehr zu nutzen.
„Es ist ein Armutszeugnis, dass Deutschland es nicht hinbekommt, dieses zentrale Naturschutzziel umzusetzen. Wir sind eines der reichsten Länder der Erde, erwarten von anderen Nationen, dass sie ihre Natur und Artenreichtum erhalten, schaffen es aber innerhalb von zwölf Jahren nicht, den Anteil von unbewirtschafteten Wäldern zum Schutz der Biodiversität nennenswert zu erhöhen“, so NABU-Präsident Olaf Tschimpke.
2007 hat sich die Bundesregierung in der nationalen Biodiversitätsstrategie, unterstützt durch die Waldstrategie 2020, das Ziel gesetzt, bis zum Jahr 2020 fünf Prozent der deutschen Waldfläche zu „Urwäldern von morgen“ zu erklären. Im Jahr 2013 wurden die ersten Ergebnisse präsentiert. Damals waren 1,9 Prozent der deutschen Waldfläche, mit einer damals schon schwachen Prognose für nach 2020 von drei Prozent, rechtlich gesichert. Statt mehr Tempo für den Schutz von Insekten, Vögeln und anderen Tierarten zu machen, ist viel zu wenig passiert.
„Wir erkennen an, dass in einigen Bundesländern wie Baden-Württemberg, Hessen oder Thüringen Bemühungen stattgefunden haben, um weitere Wälder unter Schutz zu stellen“, so Tschimpke weiter. „Allerdings ging es oft nicht darum, möglichst effizient große zusammenhängende Waldgebiete auszuweisen, vielmehr wurde häufig um Kleinstflächen gefeilscht. Die Ziele von Naturwäldern und Wildnis müssen aber verstärkt zusammengedacht werden. Größere Biotopverbände sind dabei bedeutend.“
Neben dem sogenannten Fünf-Prozent-Ziel „Wälder mit natürlicher Waldentwicklung“ gibt es in der Biodiversitätsstrategie auch das Ziel, zwei Prozent der Landesfläche als Wildnisgebiete auszuweisen. Die beiden Ziele unterscheiden sich vor allem in der Mindestflächengröße. Während die „Urwälder von morgen“ mindestens 0,3 Hektar groß sein müssen, um in die Bilanz aufgenommen zu werden, müssen Wildnisgebiete größer als 1000 Hektar sein. Große Waldgebiete tragen damit zu beiden Zielen bei, kleine dagegen nur zum Fünf-Prozent-Ziel.
„Aus Sicht des Waldnaturschutzes, aber auch für die Ziele der Bundesregierung ist es sinnvoll, dass die geschützten Waldflächen so groß wie möglich sind. Neben den Konzepten der Länder sind auch die waldbesitzenden Kommunen gefordert, mehr Naturwald und Wildnis zuzulassen“, so NABU-Waldexperte Stefan Adler. „Es müssen auch neue Finanzierungsformen für den Privatwald entwickelt werden, wenn dieser vorrangig für die Biodiversität, CO2-Speicherung sowie das Filtern von Luft und Wasser zur Verfügung gestellt wird. Diese Ökosystemleistungen sind gesellschaftlich unverzichtbar.“ |