Miller: Modellprojekt für ganz Europa
Berlin – Der NABU freut sich über Grünes Licht für die Fortsetzung von Europas größtem Flussrenaturierungsprojekt an der Unteren Havel: Bundesumweltministerin Svenja Schulze hat am heutigen Dienstag einen Förderbescheid über 18 Millionen Euro an den NABU übergeben. Die Finanzierung der Projektverlängerung bis 2025 durch den Bund ist damit gesichert. Die Untere Havel in Sachsen-Anhalt und Brandenburg wird gerade auf über 90 Kilometern Länge wieder zu einem lebendigen Fluss.
Die Untere Havelniederung ist mit über 1.100 gefährdeten und vom Aussterben bedrohten Arten das größte zusammenhängende Binnenfeuchtgebiet des westlichen Mitteleuropa. Das NABU-Großprojekt läuft in Zusammenarbeit von Naturschutz, Behörden und Politik. Durch den früheren Flussausbau und ehemalige Nutzung als Bundeswasserstraße war das Gebiet akut bedroht. „Die Renaturierung der Unteren Havel ist ein Modellprojekt für ganz Europa. Sie leistet einen wesentlichen Beitrag zum Erhalt der biologischen Vielfalt, geschädigte Lebensräume werden revitalisiert. Ich bedanke mich für das gegenseitige Vertrauen und die Kooperation bei allen Beteiligten ganz herzlich. Das gilt ebenso für alle Spender und Sponsoren, die den NABU bei diesem Projekt unterstützen“, sagte NABU-Bundesgeschäftsführer Leif Miller.
Bundesumweltministerin Svenja Schulze: „Die Renaturierung von Flüssen ist eine Generationenaufgabe. An der Havel geht es um vier Jahre Planungszeit und 16 Jahre Umsetzungszeit. Wir unterstützen dieses Vorhaben des NABU seit Beginn und mit insgesamt mehr als 28 Millionen Euro Bundesmitteln bis 2025. Was wir aus diesem wegweisenden Projekt an der Havel lernen, wird uns auch bei der Renaturierung anderer Wasserstraßen helfen, wie wir sie beispielsweise mit dem ‚Blauen Band Deutschland‘ umsetzen werden.“
In den vergangen Jahren wurden im Projektgebiet Altarme angeschlossen, Auenwälder initialisiert und Steinschüttungen am Ufer entfernt. Röhrichte und Weidengebüsche können sich so wieder entwickeln. Sie bieten damit nicht nur zahlreichen Tieren einen Lebensraum, sondern filtern auch Flusswasser, was sich vorteilhaft auf die Wasserqualität auswirkt. Seit Beginn der konkreten Baumaßnahmen 2009 konnten insgesamt 14 Kilometer Uferdeckwerk zurückgebaut, 33 Flutrinnen und neun Altarme an den Fluss angeschlossen werden. Es wurden Uferverwallungen abgesenkt, damit sich natürlicher Auenwald entwickelt. Außerdem wurden 29 Hektar Auenwald gepflanzt und 735 Hektar Fläche für den Naturschutz gesichert.
„Bereits jetzt ist ein positiver Effekt auf die charakteristischen typischen Lebensgemeinschaften der Flussaue zu beobachten. Ab dem kommenden Jahr werden wir, neben der Renaturierung weiterer Ufer und der Wiederanbindung von Flussarmen und Flutrinnen, auch die ersten nicht mehr benötigten Deiche zurückbauen und damit wertvolle Auenlebensräume für die Havel zurückgewinnen“, so NABU-Projektleiter Rocco Buchta.
Seit 2005 setzt der NABU gemeinsam mit dem Bund und den Ländern Brandenburg und Sachsen-Anhalt das, zusammen mit der Projektverlängerung, insgesamt über 40 Millionen Euro umfassende Naturschutzprojekt, um. Der Bund stellt 75 Prozent der Mittel, elf Prozent das Land Brandenburg, je sieben Prozent das Land Sachsen-Anhalt und der NABU.
Hintergrund:
Die Untere Havelniederung ist das größte und bedeutsamste Feuchtgebiet im Binnenland des westlichen Mitteleuropa. Mehr als 1.100 vom Aussterben bedrohte und stark gefährdete Tier- und Pflanzenarten leben hier. See- und Fischadler, Bekassine, Rotschenkel, Uferschnepfe, Flussuferläufer, Uferschwalbe, Eisvogel, Großer Brachvogel und Wachtelkönig sind hier zuhause ebenso wie Biber und Fischotter. Die seltenen Fischarten Rapfen, Schlammpeitzger und Flussneunauge sind ebenso nachweisbar, wie die Libellenart Asiatische Keiljungfer. Auch Sumpfdotterblume, Lungenenzian und Schwarze Segge finden an der Unteren Havelniederung einen Lebensraum. |