Neues Konzept für Kleingärten und andere gärtnerische Nutzungen in Freiburg vorgelegt
Wunsch nach vielfältigen Formen von Gärtnern bei den Menschen in der Stadt
Werkeln im Garten macht glücklich. Das empfinden viele so und daher gibt es schon seit über hundert Jahren in den Städten Anlagen mit Kleingärten für Menschen, die keinen eigenen Garten am Haus haben. Wie so manches unterliegt aber auch das Gärtnern Veränderungen. Waren es bislang eher größere Parzellen, die eine Mietpartei allein und oft über Jahrzehnte bewirtschaftet, gibt es bereits seit einiger Zeit auch die Nachfrage nach Gemeinschaftsgärten oder Urban-Gardening-Projekten. Diesen Wünschen muss eine Stadt nachkommen, auch und gerade dann, wenn ihre Einwohnerzahl wie in Freiburg stark wächst und immer weitere Flächen für Wohnbau gesucht werden.
Mit dem Ziel, vorhandene Flächen zu erhalten und zu verbessern, neue Räume zu finden und das Thema Gärtnern mehr Menschen zugänglich zu machen, hat das Stadtplanungsamt die Erarbeitung eines Konzepts „Gärtnern in Freiburg“ bei einem externen Fachbüro in Auftrag gegeben. Das Büro aus Stuttgart hat ein Konzept erarbeitet, welches nun vorliegt. Es soll dazu beitragen, den zur Verfügung stehenden Raum im Freiburger Stadtgebiet besser zu nutzen, auf die veränderten stadt- und freiräumlichen Rahmenbedingungen und die vielfältigen Bedürfnisse der Menschen zu reagieren. Das Konzept steht dabei auch im Zusammenhang mit dem in den letzten Jahren erarbeiteten Perspektivplan. Denn der hatte die qualitative Entwicklung von Freiräumen zur Bedingung einer weiteren baulichen Entwicklung
gemacht. Kleingärten sind Freiräume in der Fläche, wertvolle Naherholungsräume und oftmals wichtige Orte für Stadtklima und Biodiversität.
„Mehr Gärten in die Stadt“ und „Mehr Stadt in die Gärten“ sowie „Das richtige Angebot am richtigen Ort“ sind daher die wesentlichen Kernaussagen des Konzepts, welches in zukünftigen Planungen berücksichtigt werden sollte. Es soll eine feinmaschige Verteilung von gärtnerischen Nutzungen in der Stadt wie auch die Öffnung von vorhandenen Gärten für die Bevölkerung geben. Die Entwicklung von neuen gärtnerischen Angeboten sollte sich dabei nach den Bedürfnissen der Menschen und den vorhandenen Potenzialen des Siedlungs- und Freiraumgefüges unter Abwägung der weiteren Ziele der Stadtentwicklung richten. Gärtnern darf dabei nicht nur als Privileg von wenigen, sondern als eine Chance für viele betrachtet werden.
Zunächst einmal wurden vom beauftragten Büro der Bestand erfasst und die Wünsche und Bedürfnisse der Freiburger Bevölkerung analysiert. Daraus leitete das Büro Handlungsempfehlungen ab und entwarf für einige Flächen Beispielentwürfe. Insgesamt weist die Stadt Freiburg, ohne private Gärten, rund 200 Hektar gärtnerisch genutzte Flächen auf. Mit 55 Prozent haben die vereinsgebundenen oder -ungebundenen Kleingartenanlagen daran den größten Anteil. Weitere 42 Prozent sind Gärten in der Feld- und Rebflur sowie in Waldrandlage am Siedlungsrand. Letztere haben für die Gestaltung des Landschaftsbildes eine hohe Bedeutung. Da sie aber häufig privat genutzt werden, haben sie eher eine untergeordnete Versorgungsfunktion. Mit nur knapp 3 Prozent sind Mieter- und Nachbarschaftsgärten sowie Urban Gardening-Flächen und sonstige Gemeinschaftsgärten vertreten.
Für das Konzept war es wichtig zu wissen, welche Formen des Gärtnerns von welchen Personengruppen besonderes nachgefragt werden. Dafür fanden drei verschiedene Befragungen statt. Zum einen der dreizehn Kleingartenvereine, dann im Rahmen der repräsentativen Bürgerumfrage 2016 mit 2.634 befragten Haushalten und schließlich eine Befragung von 666 Haushalten durch die Uni Heidelberg in ausgesuchten Gebietstypen, damit Wohn- und Freisituation gemeinsam betrachtet werden kann.
Heraus kam, dass rund ein Viertel der Freiburger Bevölkerung den Wunsch hat, in der Stadt oder im stadtnahen Umfeld zu gärtnern. Dabei sind die am Gärtnern Interessierten häufig jünger, es gibt einen höheren Anteil an Frauen und sie leben meist entweder in Familienhaushalten oder befinden sich im Studium oder in Ausbildung. Heraus kam auch, dass ganz unterschiedliche Gartenformen gewünscht werden. Etwa die
Hälfte möchte einen privaten Kleingarten oder Mietergarten nur für sich oder die Familie. Die andere Hälfte kann sich vorstellen, als Gruppe in Gemeinschaftsgärten am Haus oder in Urban Gardening-Projekten zu gärtnern. Interessant war dabei, dass die Form des Gärtnerns vom Wohnumfeld der Befragten abhängig ist. In zentralen und dicht bebauten Quartieren wie der Innenstadt oder dem Stühlinger wird eher eine gemeinschaftliche Nutzung von Gärten gewünscht und hier vor allem von zwanzig- bis vierzigjährigen Menschen. Pächterinnen und Pächter von Kleingärten hingegen sind eher älter, und es bestehen lange Pachtzeiten von häufig über 20 Jahren. Daher rühren auch die langen Wartezeiten und teils hohe Ablösesummen für Gärten. Allen Befragten ist die Nähe des Gartens zum Haus oder zur Nachbarschaft wichtig. Unabhängig von der Gartenform sind außerdem längfristig nutzbare Gartenflächen nachgefragt. Als Gründe für den Wunsch nach einem Garten sind für den Großteil der Befragten das Naturerlebnis, die Gestaltungsfreiheit sowie Freizeit und Erholung wichtig.
Aus den Ergebnissen ergeben sich für die weitere städtische Planung von Gärten in der Stadt folgende Empfehlungen:
- Die bestehenden Kleingartenanlagen sollen möglichst erhalten und weiter entwickelt und in ihren Flächen besser ausgenutzt werden.
- Schlecht zugängliche Kleingartenanlagen sollen besser erschlossen, die öffentliche Bereiche aufgewertet, die Größe der Parzellen flexibel gehandhabt und die Kooperation mit Vereinen und Initiativen angrenzender Stadtquartiere intensiviert werden.
- Die Pachtdauer soll bei Neuverpachtungen in städtischen Anlagen begrenzt werden.
- Große Gärten können gemeinschaftlich genutzt und GartenPatenschaften initiiert werden.
In Zusammenarbeit mit Dritten könnten folgende Punkte erreicht werden:
- Anstelle von reinen Grünflächen als Abstand zwischen größeren Häusern sollen in Kooperation mit großen Bauträgern, Genossenschaften und Wohnungsgesellschaften Mieter- und Gemeinschaftsgärten entstehen.
- Urban Farming soll am Siedlungsrand entlang von landwirtschaftlicher Nutzung in Kooperation mit Landwirten oder Zwischenpächtern ermöglicht werden.
Das Stadtplanungsamt möchte ab sofort bei seinen Planungen verstärkt und frühzeitig auch eine gärtnerische Nutzung mit bedenken. Zum Beispiel durch die Anlage von Dachgärten in Kombination oder als Alternative zur energetischen Nutzung von Dächern einzuplanen und damit auch weitere ökologische Synergien wie Rückhalt von Regenwasser, Verbesserung des Stadtklimas oder Erhalt der biologischen Vielfalt erzielen. Gerade
Mieter- oder achbarschaftsgärten können bei Neubaugebieten direkt in die Planung einbezogen werden.
Und schließlich sollen die bereits jetzt aktiven Menschen besser miteinander vernetzt und bei der Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit unterstütz werden.
Baubürgermeister Martin Haag zeigte sich bei der Präsentation des Konzepts zuversichtlich: „Das Konzept ‚Gärtnern in Freiburg‘ zeigt vielfältige Möglichkeiten auf, wie gärtnerische Flächen erhalten, weiterentwickelt oder neu entstehen können. Wir wollen gärtnerische Belange zukünftig auf unterschiedlichen Ebenen in die Planung einbringen.“ Ziel sei es, so Haag weiter, dass die Menschen in Freiburg mit privaten, gemeinschaftlich nutzbaren und öffentlichen Gärten versorgt werden können.
Die für das Projekt verantwortliche Abteilungsleiterin im Stadtplanungsamt, Babette Köhler, weist darauf hin, dass der verdichtete Raum in Freiburg es erforderlich mache, die jeweiligen Nutzungsansprüche an die Fläche auszuhandeln. „Der Perspektivplan Freiburg 2030 hat hierfür die wesentlichen Grundlagen geliefert, denn er wirbt für die gleichrangige Betrachtung von Freiräumen und Bauflächen. Außerdem macht er die Entwicklung von Freiräumen zur Bedingung einer weiteren Stadtentwicklung.“ Das Gärtnern, so Köhler, sei dabei wie Spiel, Sport, die naturnahe Entwicklung und Förderung der biologischen Vielfalt eines von mehreren Themen, die für die Menschen in der Stadt wichtig seien und damit bei der weiteren Entwicklung der Stadt aktiv mit zu bedenken seien.
Die Vorlage zum Thema wird im Herbst in den gemeinderätlichen Gremien beraten und beschlossen. |