Gelände in Ecuador erworben / Bewahrung des Nebelwalds und Wiederaufforstung
Die Artenschutzstiftung Zoo Karlsruhe hat ein 24 Hektar großes Gelände in Ecuador erworben. Es besteht aus unberührtem Wald, teilweise aber auch aus Weideflächen, die wieder aufgeforstet werden sollen. Mit diesem Projekt möchte die Stiftung zum Erhalt der Biodiversität in dem südamerikanischen Land beitragen. „Für mich ist ein Lebenstraum in Erfüllung gegangen“, betont Dr. Clemens Becker, Vorstand der Stiftung und Kurator für Artenschutz beim Zoo Karlsruhe: „Es ist etwas ganz Besonderes und bislang auch Einmaliges, dass ein Zoo mit seiner eigenen Stiftung ein Gelände in einem anderen Land erwirbt, um dort ganz aktiv zum Schutz der Natur beizutragen.“
Erst vor wenigen Tagen waren Becker und Dirk Vogeley, Geschäftsführer der Karlsruher Energie- und Klimaschutzagentur (KEK), persönlich in Ecuador, um die letzten Formalitäten für den Kauf abzuwickeln. „Es hat wunderbar geklappt, auch die bürokratischen Hürden konnten alle gemeistert werden“, freut sich Becker nach der Rückkehr. Zur rechtssicheren Abwicklung wurde eine ecuadorianische Firma eingeschaltet, außerdem musste das Grundstück neu vermessen werden.
Mit allen Nebenkosten wurden rund 115.000 Euro für den Kauf bezahlt. Der Großteil wurde bereits über Spenden von der Artenschutzstiftung eingenommen. Etwa 30.000 Euro, die noch gefehlt haben, wurden als zinslose Kredite von Privatpersonen zur Verfügung gestellt. „Wir sind sehr froh, dass wir das so regeln konnten. Das Gelände ist für unsere Zwecke ideal geeignet. Wenn wir länger warten hätten müssen, wäre es wahrscheinlich anderweitig verkauft worden“, erläutert Zoodirektor Dr. Matthias Reinschmidt, der ebenfalls Vorstand der Stiftung ist.
„Eines der artenreichsten Länder der Erde.“
Das Grundstück liegt am Westhang der Anden im Nebelwaldgebiet und grenzt an eine Straße, die von Los Bancos zur Hauptstadt Quito führt. Von dort zieht sich das Gelände etwa 1,2 Kilometer in das Waldgebiet hinein. „Ecuador ist eines der artenreichsten Länder der Erde. Jedoch ist die Natur sehr stark vom Raubbau durch den Menschen betroffen. Viele Wälder werden einfach abgeholzt, um Weideland zu gewinnen“, erklärt Becker: „Wir werden den ursprünglichen Wald schützen und das abgeholzte Teilstück wieder neu bepflanzen.“
In der Region wurden im Vorfeld verschiedene Grundstücke näher betrachtet. Das jetzt erworbene Land habe sich als ideal erwiesen, so Becker. Es liegt auf etwa 1.600 Höhenmetern, eine Quelle und zwei Bäche sind auf dem Grundstück zu finden. Die Topographie ist wellig, es gibt sowohl flache Bereiche als auch kleinere Steilhänge. Auf alten Baumriesen wachsen zahlreiche Bromelien, Tilandsien und Orchideen.
Bei ersten Beobachtungen und Erkundungen konnten bereits mehr als 70 Vogelarten festgestellt werden, darunter Kolibris, Papageien und Tukane. Zudem wurden von Biologen 18 Amphibien- und Reptilienarten nachgewiesen. Auch die Insekten- und Spinnenvielfalt ist groß, außerdem sind Tamanduas (Ameisenbären), Zwergeichhörnchen und eine heimische Wildschweinart anzutreffen. Faultiere, Schlankbären, Gürteltiere, weitere Vögel, Reptilien und Amphibien sind aus dem direkten Umland bekannt.
„Es ist faszinierend, was es dort alles zu entdecken gibt“, berichtet Becker, der das Gelände mehrfach zu Fuß erkundet hat. Das sei nicht immer so leicht. Schließlich handele es sich teilweise auch um weitgehend von Menscheingriffen verschonte Areale. „Es ist jedoch denkbar, einen Pfad anzulegen, über den Wissenschaftler und Interessierte das Gelände erkunden könnten, ohne die Natur zu beeinträchtigen“, so Becker. An der Straßenseite befindet sich zudem ein kleines Gebäude, das etwa im Gebiet forschenden Biologen in Zukunft als Übernachtungsmöglichkeit dienen könnte.
KEK koordiniert Aufforstung
Mit der Aufforstung des bisherigen Weidelands soll bald begonnen werden. Die Koordination obliegt dabei der KEK, die ein enger Partner der Stiftung ist. Die Pflanzungen sollen ausschließlich mit heimischen Arten erfolgen. Darunter werden Bäume wie Cascarillo, Lacre oder Tarqui sein. Es soll auch darauf geachtet werden, dass es trotzdem Plätze im Gelände gibt, auf denen die Sonne bis zum Boden durchdringen kann, was für viele Reptilienarten besonders wichtig ist. Durch die Aufforstung werden dem Zoo Karlsruhe außerdem CO2-Zertifikate ausgestellt.
Auch das Colegio Los Bancos, das mit dem Gymnasium Neureut eine Schulpartnerschaft unterhält, beteiligt sich an Pflanzaktionen. Damit werde die Verbindung zwischen den Ländern sowie das Bewusstsein für den Wert der Natur gestärkt, so Becker. Nach außen hin soll das Grundstück zu angrenzenden Weiden durch einfache Zäune gegen das Eindringen von Weidevieh abgesichert werden.
Eine klassische Verwaltung des Areals ist nicht notwendig. Partner vor Ort werden die Betreuung übernehmen. Darunter ist auch die deutsche Ornithologin Dr. Heike Brieschke, die mit ihrem Mann Pedro Pena Fiel auf einem benachbarten Grundstück lebt. Der Kontakt kam durch KEK-Geschäftsführer Vogeley zustande. „Es ist ein Glücksfall für uns, dass sie in unmittelbarer Nähe wohnt. So haben wir mit ihr eine Biologin, die sich bestens in Ecuador und vor allem in der Region auskennt“, sagt Becker.
Gelände größer als der Zoologische Stadtgarten
„Das Gelände ist mit seinen 24 Hektar zwei Hektar größer als der Zoologische Stadtgarten. Mit dem Projekt können wir den Artenschutzgedanken des Zoos ganz konkret in der Natur unterstützen. Es ist das Partnerprojekt unseres Exotenhauses, das für Artenvielfalt und Schutz von Lebensräumen steht. Für uns ist das ein Meilenstein in der modernen Neuausrichtung des Karlsruher Zoos“, betont Reinschmidt.
„Ich bin extrem dankbar, dass wir noch nicht einmal ein Jahr nach Gründung der Artenschutzstiftung dieses Großprojekt verwirklichen konnten. Wir werden jetzt noch einige Spenden benötigen, um die Kredite zurückzahlen zu können, hoffen aber darauf, dies in den kommenden zwei Jahren zu erreichen“, sagt Becker. Neben dem eigenen Ecuador-Projekt unterstützt die Artenschutzstiftung Zoo Karlsruhe außerdem noch Partnervorhaben, darunter das Elefantenwaisenhaus in Udawalawe auf Sri Lanka und sowie ein Projekt, das sich den seltenen Orangehaubenkakadus widmet.
Zum Thema:
Wer zur restlichen Finanzierung des Geländekaufs in Ecuador sowie den Kosten für die nötige Wiederaufforstung beitragen oder eines der anderen Projekte der Artenschutzstiftung Zoo Karlsruhe unterstützen möchte, kann Spenden auf das Konto der Stiftung bei der Volksbank Karlsruhe (IBAN DE07 6619 0000 0000 2121 21, BIC GENODE61KA1) einzahlen.
zum Bild oben:
Auch seltene Anolis leben in dem von der Artenschutzstiftung erworbenen Areal / Foto Artenschutzstiftung Zoo Karlsruhe |