| | | 2016 - Umweltpolitischer Jahresrückblick | Mensch, Natur und Umwelt (nicht nur) in Südbaden, Elsass und am Oberrhein
Beginnen wir den Jahresrückblick 2016 mit dem weihnachtlichen Zitat eines berühmten amerikanischen Politikers:
"It's freezing and snowing in New York--we need global warming!"
Donald J. Trump
Das Jahr 2016
war global und regional ein Jahr mit Erfolgen und Niederlagen für Mensch und Umwelt und für den BUND am südlichen Oberrhein auch ein Jahr des Erinnerns. Wir erinnern uns an die Reaktorkatastrophe von Tschernobyl und den Sandoz-Unfall vor 30 Jahren, aber auch an den großen regionalen BUND-Erfolg, den erfolgreichen Konflikt um die letzte Papierfabrik der Region ohne Kläranlage. Vor 20 Jahren konnten wir mit massivem Druck der Papierfabrik Kaysersberg eine Kläranlage aufzwingen. Ein Erfolg für Mensch, Natur und Rhein.
Die „großen“ Themen:
In den USA hat sich der Milliardär, Oligarch und das „wesentlich größere Übel“ Trump durchgesetzt. Mit Trump ist ein Lobbyist (nicht nur) der fossilen Energien und ein Klimawandelleugner an die Macht gekommen. In seiner Unberechenbarkeit gefährdet er auch den Weltfrieden. Es ist mehr als beunruhigend, dass die demokratisch gewählten Vertreter der Intoleranz, die Trumps, Erdogans und Orbans, immer stärker werden. Für eine Stärkung der gefährdeten Demokratie brauchen wir mehr soziale Gerechtigkeit und wir sollten versuchen die Gier als höchsten westlichen Wert zu verdrängen.
Die Staatengemeinschaft hat sich auf eine schrittweise Abschaffung der FKW-Gase geeinigt und damit einen kleinen Fortschritt bei der Bekämpfung des Klimawandels erreicht. Dennoch träumen Südbaden und die Welt immer noch den großen zerstörerischen Wachstumstraum, an dessen Ende jeder Mensch einen SUV vor seiner Tür parken kann.
In der Antarktis entsteht im Rossmeer das weltweit größte Meeresschutzgebiet. Nach jahrelangen Debatten und massivem Druck der Umweltverbände ist endlich der Durchbruch gelungen.
Der Dieselskandal zeigt mehr als deutlich, was die von vielen Politikern heißgeliebte "Selbstkontrolle" der Industrie den Menschen und der Umwelt tatsächlich bringt, nämlich nichts. Bei unserem Verkehrsminister Dobrindt stellte sich im Jahr 2016 immer stärker die Frage: "Ist er jetzt eigentlich mehr Lobbyist oder tatsächlich noch Politiker?" Die gleiche Frage stellt sich auch beim (nicht nur) Atomlobbyisten Günther Oettinger, der bei der EU ins Haushaltsressort wechselt und zum mächtigen Vizepräsidenten aufsteigt.
Unternehmen und Regierungen sind - neun Jahre nach Ausbruch der Finanzkrise - so stark verschuldet wie noch nie seit dem Zweiten Weltkrieg. Die Gesamtschulden in der Welt belaufen sich auf 152 Billionen Dollar. Das entspricht 225 Prozent des globalen Bruttosozialprodukts. Ein erneuter großer Crash ist absehbar.
Eine Oxfam-Studie hat gezeigt, dass die Schere zwischen Arm und Reich so groß ist, dass das reichste Prozent der Weltbevölkerung (70 Millionen Menschen) über so viel Vermögen verfügt wie der ganze Rest (sieben Milliarden Menschen) zusammen. Das und die erscheckenden "Panama Papers 2016" sind durchaus auch ein Thema für einen Naturschutzverband, denn zur Nachhaltigkeit gehört immer auch soziale Gerechtigkeit.
Das Jahr 2016 war bestimmt von den Debatten um "Frei"handel, um TTIP und Ceta. Wir stehen für eine Globalisierung, die Mensch, Natur und Umwelt nützt. Eine Globalisierung, die Rücksicht nimmt auf Menschenrechte, Natur und Umwelt und bei der die Rechtsstaatlichkeit nicht durch Konzerngerichte ausgehebelt wird, will auch der BUND. Von diesen Zielen sind CETA und TTIP weit entfernt. Gerade die Umweltbewegung und der BUND am südlichen Oberrhein standen und stehen für das Europa der Menschen und der Nachhaltigkeit und nicht für das traurig-real erlebte Europa der Lobbyisten. Es gibt eine erschreckende, massive Entfremdung zwischen den Menschen, die mit heißem Herzen für Europa gekämpft haben und dem realen Europa der Konzerne und Lobbyisten. Gerade die aktuelle Maut-Debatte zeigt die europäische Kleingeistigkeit mancher TTIP-Lobbyisten.
Wo die Schere zwischen Arm und Reich auseinander klafft, nehmen immer auch Umweltzerstörung, Gewalt, Kriegsgefahr und Extremismus zu. Der neue Kalte Krieg wächst nicht nur in den Köpfen und wir vergessen zu gerne, dass wir den letzten nur durch einige glückliche Zufälle überlebt haben. Mit Sorgen sehen wir gerade auch in Europa eine wachsende Demokratiegefährdung. Ohne soziale Gerechtigkeit gibt es keinen Frieden.
Die regionalen Themen:
Auch regional gab es Erfolge und Niederlagen:
Das Wetter-Jahr 2016 folgte auf das "Warm-Jahr" 2015 und war am Oberrhein geprägt von vielen Extremwetterereignissen. Wir erlebten heftige Gewitter, Starkregen, drückende Schwüle, große Hitze und Temperaturschwankungen. In Baden-Württemberg sind die Durchschnittstemperaturen seit Beginn des Industriezeitalters um ein Grad gestiegen, am Oberrhein sogar schon um zwei Grad!
Das globale Zwei-Grad-Ziel, der verzweifelte Versuch der internationalen Klimapolitik, die globale Erwärmung auf weniger als zwei Grad Celsius gegenüber dem Niveau vor Beginn der Industrialisierung zu begrenzen, ist am Oberrhein schon erreicht.
Es besteht also durchaus die Möglichkeit, dass aus zukünftigen globalen zwei Grad mehr, vier Grad zusätzlich am Oberrhein werden, mit absehbaren Folgen für Mensch und Natur. Die Hoffnung auf ein Erreichen des gewünschten globalen Zwei-Grad-Ziels ist in einer Welt, die auf "unbegrenztes Wachstum" setzt und in der selbst in der "Ökoregion Oberrhein" die Autobahn sechsspurig ausgebaut werden soll, äußerst unwahrscheinlich.
Am 27.11.2016 hat die Schweizer Bevölkerung über die "Initiative für den geordneten Atomausstieg" abgestimmt. Leider gab es ein unerfreuliches „Nein“ zum Atomausstieg und damit ein „Ja“ zur Gefahrzeitverlängerung. Wenn sich das älteste AKW der Welt in Beznau nicht irgendwann „selbst abschaltet“, muss es nächstes Jahr nicht vom Netz. Der reiche Schweizer Atomfilz und die Macht der Lobbys haben mit teuren, gut organisierten Angstkampagnen gewonnen.
Trotz aller Versprechen von Herrn Hollande ist das AKW Fessenheim immer noch nicht dauerhaft stillgelegt und nur wegen erschreckender technischer Mängel zeitweise abgeschaltet. François Fillon, der frisch gekürte Präsidentschaftskandidat der französischen Republikaner, ist ein neoliberaler Atomlobbyist.
Der BUND hat wieder einmal sehr aktiv mitgeholfen, den Protest gegen das AKW Fessenheim zu organisieren. Auf sieben Rheinbrücken haben trinational gemeinsam über 4500 Menschen demonstriert. Das schreckliche Hin und Her der Abschaltdebatte führt zu einer zunehmenden Politikverdrossenheit. Die AKW Fessenheim, Leibstadt und Beznau werden leider auch in den nächsten Jahren wichtige Themen unserer BUND-Arbeit bleiben.
Mit Sorgen verfolgen wir die perfekte, massive globale PR-Kampagne für neue, kleine Thorium-Reaktoren. Viele, kleine, neue AKW sind der Traum jedes Terroristen und ein globaler Alptraum.
In einer Zeit, in der laut einer UN-Studie täglich bis zu 130 Arten aussterben, haben wir mit Presse-, Internetarbeit und 50.000 Flyern auf das stille Sterben der Schmetterlinge und Insekten in Südbaden aufmerksam gemacht.
Leider gab es für den Naturschutz am Oberrhein viele Rückschläge:
Die Tank- und Rastanlage an der B 31 wird nicht dorthin gebaut, wo die Landschaft bereits hässlich ist, sondern an einer wunderschönen Stelle bei Rötenbach.
(Nicht nur) der geplante EDEKA Markt in Sölden im Hexental ist eine Bausünde auf der (ehemals) grünen Wiese.
Der Konflikt um die Ansiedlung des landschaftsgefährdenden Weinguts Vogel in Oberbergen musste mit einem Kompromiss beendet werden, der zumindest dazu führt, dass jetzt ein Wildkatzenbiotop besser geschützt ist.
Am Leopoldskanal im Taubergießen wird gegen die ökologische Vernunft der Damm wieder erhöht. Die auenverändernde, notwendige Dynamik wird eingeschränkt und für den Plastikmüll heißt es: "Ab in die Nordsee".
Die „Green“ City Freiburg überlegt allen Ernstes, 13 Hektar Mooswald abzuholzen und die Zersiedelung am Oberrhein führt zu einer massiven Verscheußlichung.
Erfolge
An der Elz zwischen Riegel und Teningen sind im Januar die Bagger aufgefahren und ein alter Traum des BUND (für den wir lange gekämpft haben) wird realisiert. Aus dem gerade gestreckten, naturfernen Kanal wird endlich wieder ein naturnaher Bach. Ein Fortschritt für unsere geschundene Natur und ein kleiner Beitrag zum dringend notwendigen Hochwasserschutz.
Die Bürgerentscheide gegen Flächenverbrauch in Emmendingen und Endingen wurden gewonnen. Beide Abstimmungen zeigen, dass es immer mehr Menschen gibt, welche die regionalen und globalen Grenzen des Wachstums erkennen und dennoch keinen Stillstand, sondern kluge, behutsame Weiterentwicklung von Heimat wünschen. Wohin geht die Region und die Welt? Das Emmendinger und Endinger "Nein" gibt erst einmal keine Antwort auf diese Frage, aber es verlangsamt an winzigen Stellen örtliche Zerstörungsprozesse...
Eine BUND-Idee zieht Kreise. Die aktuelle Planung, das Stromübertragungsnetz zu verstärken, die geplante "380-kV-Netzverstärkung Daxlanden-Eichstetten“ bietet jetzt die einmalige Chance, die Energiewende auch einmal für den Landschaftsschutz zu nutzen. Unsere Idee, die vielen, parallel laufenden Strom-Trassen zu einer einzigen Trasse zu bündeln, wird von der Politik aufgegriffen. Nur die Betreiber zieren sich noch.
Das gigantisch-flächenfressende Mosolf-Logistikzentrum in Kippenheim bei Lahr sollte nach dem Willen von CDU und Freien Wählern noch einmal um 18 Hektar erweitert werden. Durch Rücknahme des Grünzugs an dessen Südrand sollte eine Erweiterung auf fast 100 ha (= 1 km² = 1.000.000 m² !) ermöglicht werden. Ein solches PKW-Lager sollte nach BUND-Ansicht flächensparend, mehrgeschossig & hagelsicher gebaut werden und auf´s Dach gehört eine Solaranlage. Der BUND hat mit Stellungnahmen und intensiver Pressearbeit gegen dieses Wahnsinnsprojekt gekämpft und Recht bekommen.
Der Südschwarzwald wird Biosphärengebiet. Landwirtschaft, Natur und Tourismus sollen sich künftig im Einklang entwickeln.
Ein schöner, stiller Erfolg ist unser BUND-Nistkastenprojekt. Den 10.000sten Bausatz für Vogel-Nistkästen bekamen wir im Jahr 2016 überreicht. Zwischenzeitlich sind wir ein richtiger Großkunde in der regionalen Caritas-Werkstatt für Menschen mit Behinderung. Ein Erfolg für den Vogelschutz und für die Menschen.
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