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Die Kolonistenhäuser in Potsdam
Kolonistenhaus: Alexandrowka (c) DSD
 
Die Kolonistenhäuser in Potsdam
Ein Denkmal der Freundschaft zwischen Preußen und Russland

In den über 1.200 von der Deutschen Stiftung Denkmalschutz (DSD) geförderten Wohnbauten, deren Entstehungszeit bis ins Mittelalter reicht, spiegeln sich die Jahrhunderte wider und recht unterschiedliche Baustile. Der Zeitgeschmack hat immer wieder neue Ausdrucksformen gefunden. Sie illustrieren die Ansprüche an den Wohnkomfort der verschiedenen Zeiten, aber auch die Möglichkeiten, die Zeitenlauf und Fortschritt bis heute zulassen. Wohnraum will Heim schaffen und drückt Individualität aus. Doch Wohnraum kann ebenso Heimat imitieren und Zu(sammen)gehörigkeit dokumentieren. Anschauliche Beispiele dafür finden sich beispielsweise in Potsdam.

Ein Absatz Geschichte: Preußen musste 1812 in einem Zwangsbündnis mit Frankreich in den Krieg gegen Russland ziehen. Nach der Niederlage Napoleons schlossen Russland und Preußen ein Zweier-Bündnis. Auf Wunsch des preußischen Königs blieben danach 62 Kriegsgefangene, die einen Chor gegründet hatten, als Geschenk des Zaren weiterhin in königlich-preußischen Diensten. Sie erhielten anlässlich der Krönung der preußischen Prinzessin Charlotte zur russischen Zarin Alexandra Fedorowna und in Erinnerung an den 1825 verstorbenen Zaren ein eigenes Zuhause. König Friedrich Wilhelm III. gründete mit Kabinettsorder vom 10. April 1826 im Norden von Potsdam die russische Siedlung "Alexandrowka", die fortan als Heimstatt für die Sänger des russischen Chores diente. Heute ist das Ensemble Bestandteil des Weltkulturerbes.

Die russische Kolonie wurde bis 1827 angelegt. Die Holzhäuser wurden im russischen Stil erbaut. Peter Joseph Lenné legte die Siedlung aus 12 Gehöften an zwei ein Andreaskreuz bildenden Chausseen an. Gartenanlagen boten den Sängern eine besondere Atmosphäre für Musik und Muße. Die Kolonisten erhielten die Gebäude mit den anschließenden Obst- und Gemüsegärten "als nutzbares Eigenthum nebst dazugehörigem Zubehör und Inventar". Hunderte Obstsorten veranschaulichten die im Zuge der Stein-Hardenbergschen Reformen neue Landwirtschaftspolitik von Friedrich Wilhelm III.

Die äußerlich wie Blockhäuser erscheinenden Gebäude sind in massiver Fachwerkkonstruktion mit Ziegelausfachung ausgeführt und lediglich an der Fassade mit Holzbohlen verkleidet. An den Außenecken wurden die typischen Verblattungen und Überstände eines Blockhauses lediglich durch kurze Rundholzstücke imitiert und den äußeren Eckpfosten quasi vorgehängt. An den reich geschnitzten Fassaden sind auf Holzschildern die Namen der Bewohner angebracht. Die Häuser sind durchnumeriert.

Das Anwesen Nr. 6 besteht aus freistehenden eingeschossigen Haupt- und Nebengebäuden, die auf der Straßenseite mit einer Torweganlage verbunden sind. Das Wohngebäude wird von einem Satteldach abgeschlossen und ist teilweise unterkellert. Die Straßenfassade ist durch Holzteile geschmückt, ebenso wie das Geländer der seitlich zugänglichen Veranda und der hölzerne Balkon im Giebel. Ende 2003 war die Instandsetzung der sanierungsbedürftigen äußeren Hülle rechtzeitig vor dem Winter abgeschlossen. Wohnhaus, Nebengebäude und Toranlage sind seither fertig.

Das zweigeschossige Fachwerkgebäude Nr. 2 war um die Jahrtausendwende ebenfalls instandsetzungsbedürftig. Den Fachwerkaußenwänden fehlte eine horizontale und vertikale Abdichtung, Außentüren und -fenster waren aufzuarbeiten, die Balkone sowie die abgängigen Holzverzierungen im Bereich des Ortgangs ebenfalls. Insbesondere war die Dachdeckung marode. Nach den Restaurierungsarbeiten konnte 2005 im Beisein der Kultusministerin des Landes und des Oberbürgermeisters der Stadt hier ein Museum mit einer Ausstellung zur Geschichte und Entstehung der Russischen Kolonie eröffnet werden.

Im Haus Nr. 10 war die äußere Holzverschalung teilweise von Holzbockfraß geschädigt, die Kehlbalken des Freigebindes auf der Gartenseite durch Holzbock und Nassfäule zerstört. Auch musste die Schiefereindeckung erneuert bzw. ergänzt werden. Hier waren die Maßnahmen 2000 abgeschlossen.

Haus Nr. 12 wurde von einem Musikerhepaar mit besonders großer Sensibilität und überdurchschnittlichem Engagement restauriert. 2000 waren das Beihaus, die Toranlage und die Pflasterung komplett fertig gestellt, die konstruktiven Maßnahmen am Haupthaus abgeschlossen. Die Eigentümer stellten aufgrund eines restauratorischen Gutachtens auch die ursprüngliche historische Farbigkeit der Innenräume wieder her.

Besonders erwähnenswert ist freilich das Haus Nr. 9 der Alexandrowka. Als Teil eines einzigartigen Ensembles fügt es sich in die von Lenné geschaffene Kulturlandschaft aus Parks und Gärten mit den sie verbindenden Sichtachsen harmonisch ein. Haus Nr. 9 war das letzte, noch nicht sanierte Haus der Alexandrowka. Das Gehöft besteht aus einem Haupthaus und einem Stallgebäude mit Anbau, die durch eine Toranlage miteinander verbunden sind. Die Gebäude sind in Fachwerkbauweise mit rundbohlenartiger Verschalung aus Kiefernholz errichtet und stehen auf gemauertem Sockel aus Rathenower Klinker. Die Gefache sind mit Lehmsteinen ausgemauert. Bei der DSD beantragt wurde die Aufarbeitung der historischen Fenster und Türen. Die Rahmen und Fensterflügel wurden denkmalgerecht mit Leinölfarben in enger Abstimmung mit der Denkmalschutzbehörde aufgearbeitet. Sie mussten danach wieder eingebaut und ausgerichtet werden. Auch die Faschen und Zierelemente waren aufzuarbeiten. Die ehemaligen Stall- und Nebengebäude sollen künftig Wohnzwecken dienen.
 
Eintrag vom: 28.09.2025  




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