Grüne Quellen
Freitag, 4. Juli 2025 Uhr

 
ProlixLetter
Mittagstisch
Prolix-Gastrotipps
Prolix-Studienführer
Ökoplus Freiburg
56plus
lesen-oder-vorlesen
wodsch

 

 
Kontakt
Werbung
Disclaimer
Datenschutzerklärung
Impressum
 
Prolix-Verlag

ARCHIV

 

 

Villa Pittroff in Helmbrechts
Helmbrechts: Villa Pittroff (c) Dirk Hanus / DSD
 
Villa Pittroff in Helmbrechts
Ein exemplarisches Beispiel für historische Wohnbauten

Rund ein Viertel der bislang 7.400 Förderprojekte der Deutschen Stiftung Denkmalschutz (DSD) sind Wohnbauten. Bauwerke also, die vielfach von den Eigentümern bis heute bewohnt werden. Die DSD hilft ihnen, den Denkmalwert ihres Kleinods zu erhalten, eventuell anfallende denkmalpflegerische Mehrkosten zu tragen und Verunstaltungen der Vergangenheit wieder zu beseitigen. Hier kommt die Nachhaltigkeit der Denkmalpflege durch erhaltende Maßnahmen und langfristige Nutzung eindrucksvoll zur Anschauung. Gleichzeitig ist es die Denkmalgattung, in die die Eigentümer bei der tatkräftigen Bewahrung ihrer Schätze auch viel Herzblut stecken.

Ein Beispiel für vorbildliches privates Engagement aus tiefer Heimatverbundenheit ist die Wiederherstellung eines stark geschädigten Baudenkmals am äußersten Nordrand Bayerns. Die nach ihrem Erbauer benannte Fabrikantenvilla Pittroff in Helmbrechts zeugt von der einst in der Region vielfältigen Industrielandschaft, geprägt durch Maschinenbau und Textilindustrie. Beides ist heute weitgehend verschwunden. Nur in einigen wenigen Orten haben sich bauliche Zeugnisse der einst für die Entwicklung der Region wichtigen Industrien und der vornehmlich um die Jahrhundertwende entstandenen zugehörigen Fabrikantenvillen erhalten.

Die 1904 erbaute Villa Pittroff liegt an der Münchberger Straße. Den zweigeschossigen traufständigen Massivbau schmücken ein Ziergiebel und Erker. Seine besondere Eigenständigkeit erhält das Baudenkmal durch den reich ausstaffierten Erker im Obergeschoss aus rotem Sandstein. Die ansonsten ganz weiß glasierte Klinkerfassade gliedern Rotsandsteinelemente.

Im Inneren überrascht die noch weitgehend erhaltene, vom Jugendstil geprägte exquisite Originalausstattung. Es haben sich viele Elemente der reichen Einrichtung erhalten: farbige Bleiverglasungen, Stuck- und Kassettendecken, Kachelöfen, Füllungstüren mit Beschlägen, ornamentaler Steinzeugbelag am Hauseingang und Lincrusta-Tapeten im Entree und im Treppenhaus. Der Detailreichtum insbesondere im Inneren zeugt vom Anspruch des August Pittroff, eines erfolgreichen Textilfabrikanten. Allein die erst kurz zuvor erstmals in England produzierten Lincrusta-Tapeten mit ihrer ornamentreichen Motivik und dem optischen Effekt einer Ledertapete bzw. einer Holzoberfläche spielt an auf die Pracht hochherrschaftlicher Häuser.

Die Villa Pittroff stand lange Zeit leer, bevor die neue Eigentümerin, geboren in Helmbrechts, sie 2015 erwarb, um zukünftig dort selbst zu wohnen. Durch ein undichtes Dach war Feuchtigkeit eingedrungen, wodurch umfangreicher Hausschwammbefall im zweiten Obergeschoss entstand. Zunächst hinter Verkleidungen und unter dem Parkett verborgen, führte der Schwamm zu einem akuten Tragwerksverlust. Die Bauherrin ließ sich von der unvorhergesehenen Steigerung der Baukosten nicht abschrecken. Nach der Hausschwammbekämpfung wurden die vorhandenen Wand- und Deckengestaltungen restauriert und teilweise ergänzt. Die DSD unterstützte die Denkmaleigentümerin bei der Instandsetzung der historischen Fenster. Vorhandene Hölzer und Beschläge wurden repariert bzw. überarbeitet. Vor das teils farbige, teils durchsichtige Bleiglas wurde sowohl innen- als auch außenseitig ein schmales Isolierglas gesetzt.

Beim Tag des offenen Denkmals 2019 konnte die Eigentümerin Iris Selch ihr Denkmal öffnen. Knapp 300 Besucher wurden in das Jahr 1904 zurückversetzt und erfuhren, welche Überraschungen die frisch renovierte Villa Pittroff während der Sanierung preisgab. Viele interessierten sich insbesondere dafür, wie es sich in einem mehrfach ausgezeichneten Denkmal lebt.
Der Tag des offenen Denkmals, der immer am zweiten Sonntag im September von der DSD bundesweit koordiniert wird, bietet historisch Interessierten die Gelegenheit, Denkmale zu besichtigen, die sonst nicht ständig frei zugänglich sind. Dadurch erhalten sie jede Menge aufschlussreiche Informationen und spüren die Begeisterung ihrer Gastgeber. Etwa dadurch, dass Iris Selch die an gut sichtbarer Stelle angebrachte Bronzetafel der DSD mit der Aufschrift „Gefördert durch die Deutsche Stiftung Denkmalschutz mit Hilfe der Glücksspirale“ als Auszeichnung empfindet.

Seit ihrer Gründung vor 40 Jahren förderte die private Deutsche Stiftung Denkmalschutz (DSD) über 2.630 Maßnahmen an „Wohnbauten“. Die 1985 gegründete spendensammelnde Stiftung unterstützt engagierte private, kirchliche und kommunale Denkmaleigentümer beim Erhalt ihrer Bauwerke. Denkmalpflege als staatliche Aufgabe wird mit bürgerschaftlicher Unterstützung zu einer gesamtgesellschaftlichen Aufgabe. Die DSD konnte bisher für den Erhalt von 7.400 Denkmalen unserer Baukulturlandschaft mehr als eine dreiviertel Milliarde Euro zur Verfügung stellen und damit ein deutliches Zeichen setzen.
 
Eintrag vom: 24.05.2025  




zurück