Ein exemplarisches Beispiel für Technische Denkmale
Technische Denkmale kämpfen oft um Anerkennung und Beliebtheit. Denkmale der Arbeits- und Produktionsverhältnisse stehen für Funktionalität und Anstrengung, sie riechen nach Maloche und Arbeitsschweiß. Die beweglichen Denkmale – Schiffe, Flug- und Fahrzeuge – besitzen häufig eine besondere Ästhetik, die nostalgische Gefühle nach einer „guten alten Zeit“ anspricht. Sie vermitteln noch sehr anschaulich die bis heute nachwirkenden und grundlegenden technischen Errungenschaften und Erfindungen.
Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz fördert technische Denkmale, weil sie Zeugnis ablegen von den technischen Entwicklungen und Innovationen unserer Wirtschafts- und Verkehrsgeschichte. Dazu zählen neben Bahnhöfen, Bahntunneln, Bahnbetriebswerken, Eisenbahnbrücken, Lokschuppen und Wassertürmen gerade auch die Fahrzeuge, dessen Fahrbetrieb sie dienen: die Lokomotiven.
In den zurückliegenden vierzig Jahren hat die Deutsche Stiftung Denkmalschutz drei besondere Lokomotiven gefördert. Darunter die Dampflok „Schunter“, ein gleich aus mehreren Gründen beispielhaftes Denkmal. Die Lok ist zum einen das erste unter Denkmalschutz gestellte Schienenfahrzeug Niedersachsens, zum anderen seit ihrer Wiederinbetriebnahme die zweitälteste Dampflokomotive Deutschlands.
Die „Schunter“ wurde am 6. September 1901 von der Braunschweigischen Landeseisenbahn (BLE) in Dienst gestellt. Gebaut wurde die Dampflokomotive bei Hanomag in Hannover-Linden. Die ersten 30 Jahre ihrer Betriebszeit fuhr die nach einem Fluss benannte Lokomotive zwischen Braunschweig, Derneburg, Seesen und Fallersleben auf der Strecke der sogenannten „Schuntertalbahn“, einer knapp 20 Kilometer langen Nebenbahn im Osten des heutigen Niedersachsen in der Niederung des Flusses Schunter.
Gebaut wurde die Lok, um den damals ländlich geprägten Nordosten des Herzogtums zu erschließen. Mit dem ersten Teilstück, das ab November 1901 befahrbar war, wurde der BLE-Bahnhof „Braunschweig Nord“ mit dem Bahnhof „Gliesmarode West“ verbunden. Es wurde auch eine Verbindung hergestellt zur ebenfalls privaten Braunschweig-Schöninger Eisenbahn. Im September 1902 folgte die Verlängerung bis Flechtorf. Von dort konnte ab November 1904 bis Fallersleben weitergefahren werden.
Der Aufbau eines umfangreichen Industriegebietes im Raum Salzgitter erforderte eine grundlegende Änderung und Erweiterung des vorhandenen Schienennetzes. So wurde die BLE zum 1. Januar 1938 in die Deutsche Reichsbahn eingegliedert, die einen Teil der Strecken umbaute oder stilllegte. Die Schunter war bereits 1930 nach Thüringen verkauft worden.
Nach dem Zweiten Weltkrieg gelangte sie über Castrop Rauxel nach Düren und verrichtete Dienst an den Braunkohlegruben in Konzendorf und Weisweiler. 1954 erfolgte ein weiterer Verkauf nach Euskirchen, wo die Schunter für die dortige Zuckerfabrik eingesetzt wurde. 1974 legte man die Lok still.
Ihren Erhalt und ihre bis heute erhaltene Fahrtüchtigkeit verdankt sie dem Erwerb durch den Verein Arbeitsgemeinschaft Historische Eisenbahnen e. V., der sie 1976 zurück in die Nähe von Hildesheim holte und dort auf dem vereinseigenen Schienen unter Dampf weiterfahren lässt. Die Anlage umfasst erweiterbar einen knappen Kilometer Gleis, den liebevoll eingerichteten Bahnhofsbau, einen Werkstattschuppen sowie verschiedene Loks, Waggons und Gleisbaugeräte. Das Schmuckstück des Vereins, die Dampflok von 1901, ist im Werkstattschuppen zu besichtigen.
Solches privates Engagement für den Erhalt eines derartigen Denkmals ist für die Deutsche Stiftung Denkmalschutz ein Kriterium bei der Auswahl der Projekte. Wo sich Menschen wie hier im Verein für ein Denkmal einsetzen, ist dessen Zukunft abgesichert. Engagierte Menschen kümmern sich kontinuierlich, setzen sich ein, achten auf Kleinigkeiten und auf das große Ganze.
Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz half der Arbeitsgemeinschaft Historische Eisenbahnen bei der Ertüchtigung des Kessels unter Verwendung von möglichst viel Originalsubstanz. Zunächst wurde der defekte Kessel ausgebaut und nach Bruchsaal zu einer auf Kesselreparaturen spezialisierten Metallbaufirma gebracht. Der Leiter der Maßnahmen an der Dampflok gehörte zum Verein und war im Umgang mit industriellen Dampfkesseln von Berufswegen befasst. Die Maßnahme wurde von Landesdenkmalamt und der Unteren Denkmalbehörde fachlich eng begleitet. Die an den Fahrzeugen des Vereins durchgeführten Arbeiten wurden professionell und denkmalgerecht ausgeführt. Der Verein präsentiert seine Anlage stolz im Sommer bei Festen, die sehr gut angenommen werden. Die fahrende Dampflok ist die Attraktivität des Freilichtmuseums.
Seit ihrer Gründung vor 40 Jahren förderte die private Deutsche Stiftung Denkmalschutz (DSD) über 750 Maßnahmen an „Technischen Denkmalen“. Die 1985 gegründete spendensammelnde Stiftung unterstützt engagierte private, kirchliche und kommunale Denkmaleigentümer beim Erhalt ihrer Bauwerke. Denkmalpflege als staatliche Aufgabe wird mit bürgerschaftlicher Unterstützung zu einer gesamtgesellschaftlichen Aufgabe. Die DSD konnte bisher für den Erhalt von 7.400 Denkmalen unserer Baukulturlandschaft mehr als eine dreiviertel Milliarde Euro zur Verfügung stellen und damit ein deutliches Zeichen setzen. |