Mit den „ÖkoKajaks“ vom Verleih „Die Zugvögel“ kann man rund um Stuttgart durchs Grüne paddeln, um Müll zu sammeln. Eine Familientour
Ein Ball lässt sich nicht so leicht mit der Zange fangen. Er tanzt widerspenstig zwischen den in die Enz hängenden Ästen am Ufer, aber die kleine Greta gibt nicht auf. Eine fröhliche Verfolgungsjagd beginnt. Das grüne Öko-Kajak „Lubi“, das wie ein Krokodilkind aussieht, schwimmt mit Greta ins Dickicht, das Mädchen lacht beim Paddeln. Die Grundschülerin steuert heute zum ersten Mal allein ein Boot, und sie ist sichtlich stolz, wie gut das schon klappt. Schließlich bekommt sie auch noch den roten Ball zu fassen, kneift zu und hievt ihn ins Boot. Die anderen Familienmitglieder klatschen Beifall – so macht Müllsammeln Spaß!
Drei Stationen mit dem Öko-Kajak
Greta ist mit ihrem kleinen Bruder Henri und ihren Eltern rund ums Viadukt in Bietigheim-Bissingen unterwegs. Die vier entdecken die Natur und suchen nach Müll auf dem Wasser. Viel finden sie nicht – ein paar PET-Flaschen, ein Planschbecken, kleine Verpackungen und den Ball – aber das ist ja auch gut so. Die Enz in Bietigheim-Bissingen ist recht sauber, und das Angebot vom Wassersportgeräte-Verleih „Die Zugvögel“ macht sie noch ein bisschen müllfreier. An drei der insgesamt sieben Stationen an Enz, Neckar und Rems kann man sich kostenlos ein Öko-Kajak ausleihen und mit einer langen Zange und Sammeltonne losziehen. Reservierungen nimmt der Verleih dafür nicht entgegen, am besten ruft man spontan an und fragt nach, ob das Öko-Kajak in Bietigheim-Bissingen, in Weinstadt-Endersbach oder Ludwigsburg gerade frei ist. Wer als Familie startet, mietet einfach noch normale Kanus dazu. Dass heute zwei der grünen Kanus in Bietigheim-Bissingen sind, ist Zufall …
„Wir haben im Frühjahr oft Clean-ups am Neckar, und die kommen gut an“, berichtet Zugvögel-Chefin Anna Bröll. „Aber wir möchten Familien und Paddlern auch ermöglichen, allein auf Tour zum Müllsammeln zu gehen.“ Bröll hat das mittelständische Traditionsunternehmen vor einigen Jahren übernommen – nach vielen Jahren als Kanuguide dort. Schon während ihres Masterstudiums im Fach Tourismusmanagement hat sie sich so einen Teil ihres Unterhalts verdient. Heute experimentiert Bröll gerne mit besonderen Angeboten.
Grüner Dschungel an der Enz
Und so darf man sich nicht wundern, wenn auf den Flüssen in der Region auch mal ein Waterbike vorbeifährt oder wenn das barrierefreie Riesen-SUP unterm markanten Eisenbahnviadukt in Bietigheim auftaucht. Auf ihm haben neben bis zu vier Rollstühlen auch noch „Stehpassagierinnen“ Platz. Die Tourismusexpertin sagt: „Wir freuen uns, das vom Deutschen Rollstuhl-Sportverband entwickelte SUP als erster Tourenanbieter in Baden-Württemberg einsetzen zu dürfen. Das Tolle ist, dass mit dem SUP Menschen mit und ohne Einschränkungen gemeinsam Sport machen können.“ Zusammen etwas erleben ist auch sonst ein Motto der Zugvögel, die neben dem Verleih auch Kurse und geführte Touren anbieten.
Unsere Familie mäandert mittlerweile im grünen Dschungel der Enz auf dem Wasser entlang, der in südlicher Richtung gleich hinter dem Viadukt beginnt – das macht Spaß, weil außer ein paar Paddelbooten und Entenfamilien niemand unterwegs ist. Es geht gegen die sanfte Strömung, und es wird von Minute zu Minute leiser. Eben donnerte noch ein Güterzug übers Viadukt, hier hört man nur noch das Vogelgezwitscher. Henri angelt nach einer Flasche, Papa Marco manövriert den Jungen zielsicher bis zum Fundstück. Greta und ihre Mama nehmen sich derweil mal eine kleine Frauenauszeit, sie paddeln nebeneinander und quatschen.
„Es ist immer wieder überraschend“, erzählt Anna Bröll, „was man auf und an der Enz alles finden kann – vor allem im Frühjahr, nach den höheren Wasserständen während des Winters.“ Sie zählt auf: Fahrräder, Reifen, eine Autobatterie. Nicht alles sei mit Absicht in den Fluss geworfen worden, manche Dinge holt sich die Enz auch einfach vom Ufer. Oder der Wind fegt Plastikverpackungen und -flaschen ins Wasser. Unsere Familie findet erfreulicherweise so wenig, dass ein regelrechter Wettstreit entsteht. Vater und Sohn werden fündig und ziehen ein marodes Kinderplanschbecken aus dem Gebüsch am Ufer ins Öko-Kajak. Und Henri überlegt natürlich laut, wie das wohl dahin geraten sein könnte …
Nach etwa zwei Stunden lassen die Kräfte in den Kinderarmen nach. Zurück geht’s mit der Strömung stolz in Formation – alle nebeneinander – wieder unter dem Viadukt durch. Krokodil Lubi hat im Mülleimer-Anhänger den roten Ball. Steuerfrau Greta legt an der kleinen Steintreppe an, als ob sie nie etwas anderes gemacht hätte an ihren freien Nachmittagen. Henri zählt die Plastikflaschen in der Sammeltonne. Und die Eltern hatten eine gute Zeit mit den beiden.
zum Bild oben:
Die drei Öko-Kajaks sind in verschiedenen Städten zu Hause und können spontan ausgeliehen werden (c) TMBW / Gregor Lengler |