Klimawandel, Schifffahrt und unzureichender Schutz der Fischbestände verstärken den Wandel von Nord- und Ostsee. Das hat massive ökologische, soziale und ökonomische Auswirkungen. Am 29. Februar ist „End of Fish Day“. Rechnerisch hat Deutschland zu diesem Stichtag die eigenen Fischreserven erschöpft und ist auf Importe angewiesen – mit globalen Folgen. In diesem Jahr ist der End of Fish Day früher denn je. Eine hybride Veranstaltung lädt zur Diskussion über die Zukunftsperspektiven der deutschen Fischerei ein.
Mit dem End of Fish Day sensibilisieren Brot für die Welt, Fair Oceans und Slow Food Deutschland Öffentlichkeit und Politik seit 2019 für die Zusammenhänge zwischen dem Zustand mariner Ökosysteme und dem Wohl der Menschen – derer, die von der Fischerei als Einnahmequelle und für ihre Ernährungssicherheit angewiesen sind. Der Wandel der Meere ist trotz aller Bemühungen im Meeresschutz und dem Fischereimanagement verheerend. An der Ostsee zeigen sich die Folgen dieses ungebrochenen Abwärtstrends am deutlichsten. Die heimische Fischerei kann immer weniger zu einer nachhaltigen, regionalen Versorgung mit Fischereiprodukten beitragen. Da der Fischkonsum nicht abnimmt, wächst die Importabhängigkeit Deutschlands und damit die Verantwortung für den weltweiten Zustand der Meere und die globale Ernährungssicherheit.
Während der erste End of Fish Day 2019 auf den 5. April datierte, findet er 2024 bereits fünf Wochen früher statt. 2024 liegt in Deutschland der Selbstversorgungsgrad mit Fisch und Fischerzeugnissen bei nur noch 16 Prozent. Die Berechnungen fußen auf dem aktuellen Bericht des Bundesinstituts für Landwirtschaft und Ernährung.
Dazu Vertreter*innen der drei Organisationen:
Nina Wolff, Vorsitzende von Slow Food Deutschland: „Die Kleinfischerei, und insbesondere die handwerkliche Fischerei, muss als Wirtschaftsbereich sowie als wichtiger Beitrag zur kulturellen Vielfalt wirksam geschützt und zukunftsfähig aufgestellt werden. Die deutsche und europäische Fischereipolitik sollten in diesem Sinne positive Strahlkraft entwickeln. Auch auf die Verbraucher*innen: Ihre Wertschätzung für eine rare Ressource kann gesteigert werden, indem sie sich die globalen Folgen eines aus dem Ruder gelaufenen Fischkonsums bewusst machen.“
Francisco Mari, Brot für die Welt: „Die Zukunft der Kleinfischerei muss weltweit, in Nord- und Ostsee, genauso wie in Afrika oder in Ozeanien, gesichert werden. Klimakrise, Überfischung und Meeresverschmutzung sind globale Probleme. Allerdings sind die Auswirkungen auf die Ernährungssicherheit im globalen Süden weitaus kritischer. Die Abhängigkeit der Fischergemeinschaften von intakten Meeren und deren Bedeutung für die Bekämpfung von Hunger und Armut sind in Afrika deutlich größer als in Europa. Dennoch müssen echte Problemlösungen letztlich global erfolgen, wie etwa die Umsetzung der Richtlinie der Welternährungsorganisation zum Schutz der Kleinfischerei.“
Kai Kaschinski, Vorstand von Fair Oceans: „Der Niedergang der deutschen Fischerei darf nicht widerspruchslos hingenommen werden. Dies wäre auch international das falsche Signal. Dadurch, dass wir momentan mehr als 80 Prozent unseres Bedarfs an Fischereiprodukten auf dem Weltmarkt decken, haben unsere Defizite in Fischerei und Aquakultur erhebliche globale Auswirkungen. Den Fisch, den wir nicht in Nord- und Ostsee fangen, holen wir uns aus anderen Meeresregionen und tragen damit dort Verantwortung für die Konsequenzen. Ohne eine nachhaltige Fischerei in deutschen Gewässern wird sich der weltweite Druck auf die marinen Ökosysteme und die Ernährungssicherheit weiter erhöhen.“ |