Am 29.6.2021 soll der Gemeinderat der Stadt Freiburg i.Br. einem sehr umfangreichen Gewässerausbau des gesetzlich geschützten Dietenbachs in der Dietenbach-Niederung im Freiburger Westen zustimmen, um damit die Hochwasserfreiheit für den Neubaustadtteil Dietenbach zu erreichen. Das RegioBündnis wendet sich gegen den Gewässerausbau aus einer Reihe von guten Gründen, die das Bündnis dem Gemeinderat der Stadt und dem Oberbürgermeister jetzt mit einem offenen E-Mail-Brief dargestellt hat. Selbst die Hochwasserfreiheit ist nicht garantiert. Das Vorgehen der Stadt ist aus Sicht des Bündnisses empörend.
*** Offene Brief ***
Betr. TOP 17 Gemeinderat 29.6.2021- Gewässerausbau Dietenbach!
Sehr geehrte Damen und Herren
Vorsitzende und Mitglieder des Gemeinderats der Stadt Freiburg i.Br.,
die Vereinigungen des RegioBündnis pro Landwirtschaft, Natur und ökosoziales Wohnen lehnen den Gewässerausbau des Dietenbachs ab.
Wir ersuchen Sie heute, per Antrag zu TOP 17 der Gemeinderatssitzung 29.6.2021 zum Thema
"Projektgenehmigung für den Gewässerausbau des Dietenbachs im Neuen Stadtteil Dietenbach"
zu beschließen:
1. Der TOP wird verschoben auf die Zeit nach dem Urteil des VGH Baden-Württemberg zur städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme Dietenbach
Grund: Vor dem Urteil ist unklar, ob der Neubaustadtteil überhaupt gebaut werden kann.
2. Die Mittelfreigabe und der eventuelle Baubeginn des Gewässerausbaus werden im Falle eines Urteils pro Neubaustadtteil verschoben von jetzt (Mittelfreigabe) bzw. Ende 2021 (Baubeginn) auf frühestens April 2022.
Gründe: DieStadt und der Gemeinderat sollen sich nach Ende der Bindungsfrist des Bürgerentscheids, d.h. nach dem 24.2.2022, aufgrund vieler neuer Entwicklungen und Fakten frei entscheiden können,
* ob Freiburg den Neubaustadtteil angesichts der vielen anderen Baugebiete und der bereits jetzt und künftig stagnierenden Einwohnerzahl überhaupt braucht,
* ob die Stadt und der Gemeinderat den Neubaustadtteil noch wollnen und bezahlen können,
* und ob er überhaupt wie gewünscht noch Wohnraum zu niedrigen Preisen erbringen kann angesichts der stark gestiegenen und weiter steigenden Kosten für Erschließung, Baugrund und Gebäude.
* Auch die neuen Anforderungen des Klimaschutzes sprechen gegen den Neubaustadtteil.
Der Gewässerausbau Dietenbach ist nach Vorgenanntem auch deswegen abzulehnen, weil die rechtlich zwingende Planrechtfertigung nicht oder nicht mehr besteht.
Zudem ist weiterhin sehr unklar, ob der Neubaustadtteil für die Sparkasse wirtschaftlich wäre.
3. Wir ersuchen Sie, weitergehend zu beschließen:
Die Beschlussvorlage Drucksache G-21/123 an den Gemeinderat für den 29.6.2021 wird abgelehnt.
https://ris.freiburg.de/meeting.php?sid=2021-GR-222
Gründe:
Die Beschlussvorlage Drucksache G-21/123 verbirgt empörenderweise wesentliche Informationen:
* Es sind zu schwere Eingriffe in den Dietenbach geplant, d.h. in ein gesetzlich geschütztes Biotop mit Bach und Auwaldgalerie. Vorgesehen sind zeitweise Bachumlegungen, Spundwände tief ins Grundwasser, Tiefgründungen für Brücken im Grundwasser, Grundwasserabpumpen und wassergefährdende Bau- und Betriebsstoffe.
* Es sind damit zu schwere Eingriffe ins Grundwasser geplant, das in Kürze durch ein Trinkwasserschutzgebiet unter ganz Dietenbach unter gesondertem Schutz stehen wird. Auch schrittweise unterschwellige Verschlechterungen schon des Grundwassers sind strafbar laut "Wissenschaftliche Dienste Deutscher Bundestag: 22.5.2019 WD 8 - 3000 - 057/19".
* Es sind nicht wie angegeben 3, sondern 6 Brücken über den Dietenbach geplant, 3 für KFZ, 3 für Fuß- und Radwege: Dafür würden von der "Green City" Freiburg sehr wertvolle Bäume gerodet und andere im Wurzelbereich am Bach erheblich geschädigt. Die Drs. G -19/157 zeigt irreführend nur eine Fuß- und Radwegbrücke im Schnitt, aber keine der tief im Grundwasser gegründeten KFZ-Brücken.
*Die Stadt will aus Zeitgründen ebenso empörenderweise mit schwerem Gerät in den Bach, statt handwerklich zu arbeiten. Über eine der Brücken würden von der geplanten Erdaushubdeponie ausgehend in der Größenordnung 100.000 schwer beladene LKW-Fahrten stattfinden für die Aufschüttungen des Gebiets südlich des Dietenbachs.
* Extrem seltene in Bäumen lebende Käfer aus Urwaldzeiten der Region, geschützte Vogel- und Fischarten, andere Fauna und die einzigartigen Dietenbach-Egel würden durch den Gewässerausbau bedroht wenn nicht getötet. Bachnahe europarechtlich geschützte Mähwiesen eines FFH-Lebensraumtyps würden zerstört oder schwer geschädigt..
* Die Kosten des Gewässerausbaus sind seit 2016 von 8,25 auf 11,25 Mio. Euro, also schon um 36% gestiegen. Hinzu kommen offenbar Kosten für 3 weitere Brücken.
* Außerdem: die Gründe unter Ziffer 1. und 2.
Wir weisen darauf hin und warnen: Laut Drs. G-21/123 entsteht durch den Gewässerausbau für 80 Jahre durch Abschreibung eine Belastung des Haushalts von jährlich rund 140.000 € und mehr. Das ist ein ernstes Warnsignal für die zu erwartenden in der Größenordnung 100-fach höheren jährlichen Abschreibungen durch die Summe der anderen Erschließungsmaßnahmen für den Neubaustadtteil. Die riesigen Richtung 1 Milliarde Euro steigenden Investitionskosten für die Erschließung und die damit verbundene Verschuldung der Stadt stehen drohend im Raum.
Es stellt sich auch die Frage, inwieweit die Verwaltung versucht, dem Gemeinderat beim Gewässerausbau Dietenbach sehr Wesentliches vorzuenthalten. Jedenfalls sind die beiden Ratsdrucksachen G-21/123 und G-19/217 ungeeignet zur Beschlussfassung am 29.6.2019 außer für Ablehnung oder hilfsweise Vertagung.
Näheres bitten wir der Anlage zu entnehmen zum Hintergrund und unter "im Einzelnen"
An Ihrer sehr geschätzten Antwort ist uns gelegen.
Freundliche Grüße,
für das gewählte Sprecherteam des RegioBündnis pro Landwirtschaft, Natur und ökosoziales Wohnen
Monika Falkner, Dr. Georg Löser, Ralf Schmidt, Freiburg i.Br. am 25. Juni 2021 |