Vor dem Super-Trilog der EU fordert Slow Food die Berücksichtigung des Green Deal und keine voreiligen deutschen Alleingänge
Slow Food richtet als Teil einer breiten Koalition europäischer Organisationen u.a. aus den Bereichen Landwirtschaft, Umwelt und Entwicklung einen offenen Brief an die Teilnehmenden der Trilog-Verhandlungen zur Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP). Darin fordert das Bündnis eine ehrgeizige, grüne und faire Ausgestaltung der GAP. Ein Super-Trilog soll am 26. März die stockenden Reform-Verhandlungen von EU-Parlament, Ministerrat und Kommission entscheidend voranbringen.
Als umfassendes Finanzierungsinstrument der europäischen Landwirtschaft bietet die GAP den stärksten Hebel, um das Landwirtschafts- und Ernährungssystem Europas neu zu gestalten. Voraussetzung dafür sind ambitionierte Vorgaben, die einen echten Systemwechsel einleiten, sowie deren konsequente nationale Umsetzung und die Unterstützung jener Landwirt*innen, die den notwendigen Übergang zu agrarökologischen Praktiken vollziehen. Das heutige System der große Flächen begünstigenden Direktzahlungen und einer exportorientierten Agrarindustrie ist weder ökologisch tragfähig, noch ökonomisch oder sozial nachhaltig. Es ist für ein beispielloses Höfesterben verantwortlich und gefährdet durch Pestizideinsatz, die Auslaugung von Böden und die Emission erheblicher Mengen an Treibhausgasen die Gesundheit unseres Planeten und damit unsere Lebensgrundlage.
Dieser Zustand ist aber keineswegs alternativlos. Die Kluft zwischen den verschiedenen Verhandlungspositionen könnte durch eine eindeutige Ausrichtung der GAP an den Zielen und Prinzipien des von der Kommission vorgelegten “Green Deal” geschlossen werden. Mit der Farm-to-Fork- und der Biodiversitätsstrategie hat die europäische Kommission selbst Ziele für eine nachhaltige Umgestaltung der Landwirtschaft vorgegeben. Dazu gehören das Anwachsen des Ökolandbaus um 25% sowie je 50% weniger Pestizideinsatz, Nährstoffverlust und Antibiotika in Viehzucht und Aquakultur und 20% weniger Düngemitteleinsatz bis 2030; zudem eine deutliche Anhebung der Anteile geschützter Flächen (30%) und rechtsverbindliche Ziele zur Wiederherstellung von Ökosystemen. Mit seinem gemeinsamen Schreiben fordert das europäische Bündnis von über vierzig Organisationen auch die Sicherstellung transparenter und fairer Lebensmittelversorgungsketten durch angemessene Instrumente zur Steuerung und Regulierung der Agrarmärkte.
Slow Food Deutschland (SFD) kritisiert mit Nachdruck das Bestreben des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL), den nationalen Strategieplan zur Umsetzung der GAP schon in diesen Tagen beschließen lassen zu wollen. „Entscheidungen auf nationaler Ebene sollten sinnvollerweise erst dann festgezurrt werden, wenn der Trilog auf EU-Ebene beendet und somit der finale Gestaltungsrahmen bekannt ist,” sagt Nina Wolff, amtierende SFD-Vorsitzende. Darüber hinaus sind die im Raum stehenden Pläne zur nationalen Ausgestaltung aus Sicht des Vereins nicht ambitioniert genug, um die eigenen Ziele in Bezug auf Klima- und Artenschutz zu erreichen und kleineren landwirtschaftlichen Betrieben eine wirtschaftliche Perspektive zu bieten. Als größte Volkswirtschaft in der EU sollte Deutschland bei der nachhaltigen Transformation des Landwirtschaftssystems vorangehen und sich nicht auf unzureichende Minimalpositionen zurückziehen. |