Ergebnisse des ADFC-Fahrradklima-Tests veröffentlicht / OB Mentrup freut sich über Rückenwind für die Verkehrswende
Mission Titelverteidigung geglückt: Karlsruhe ist unter allen Großstädten weiterhin die fahrradfreundlichste Stadt Deutschlands. Im aktuellen Fahrradklima-Test des ADFC errang die Fächerstadt erneut die Spitzenposition und verwies dabei mit einer Durchschnittsnote von 3,07 wie beim letzten Mal vor zwei Jahren die langjährige Fahrradhochburg Münster auf Rang zwei, gefolgt von Freiburg auf dem dritten Platz.
"Dieses Ergebnis ist eine wunderbare Bestätigung unserer Anstrengungen, das Radfahren in Karlsruhe noch attraktiver zu machen", freut sich Oberbürgermeister Dr. Frank Mentrup bei der Bekanntgabe der Resultate. "Der Spitzenplatz zeigt, dass unsere Radverkehrsförderung gut angelegtes Geld ist und die Nachhaltigkeit sichtbar wird.“ Letzteres bestätigte der ADFC bei der digitalen Auszeichnungsveranstaltung mit Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer. Karlsruhe wurde von ADFC-Vorstandsmitglied Rebecca Peters explizit als "gut durchdachtes Gesamtbild" dargestellt sowie als Beispiel dafür, "dass Ernsthaftigkeit und Konsequenz genau das sind, was der Radverkehr braucht". Dafür benötigt es aber auch Unterstützung aus der Bundespolitik und deshalb richtete OB Mentrup bei der Veranstaltung einen konkreten Wunsch an den Bundesverkehrsminister: Der Bund solle es über eine Versuchsklausel ermöglichen, dass in Städten grundsätzlich 30 km/h Höchstgeschwindigkeit erlaubt sei und 50 km/h nur noch in Ausnahmefällen. Dies sei nötig, weil "wir unser Ziel von mehr als 50 Prozent Radverkehrsanteil über die normale Radverkehrsinfrastruktur nicht bewältigen können“, begründete Mentrup.
Investitionen für die Titelverteidigung
Für die Titelverteidigung hatte Karlsruhe einiges investiert. Rund 1,75 Millionen Euro sind in den letzten beiden Jahren jeweils in die Förderung des Radverkehrs geflossen. Die Bilanz kann sich sehen lassen, denn für sichereres und zügiges Vorankommen der Radfahrenden wurde einiges getan. Neue Fahrradstreifen entstanden auf Hauptverkehrsachsen, wie beispielsweise der Haid- und Neu-Straße, der Rheinstraße und der Kapellenstraße. Durch die Ummarkierung von früheren Autospuren haben die Radler dort nun mehr Platz, wodurch sich die Konflikte mit dem Kfz-Verkehr reduzieren. Dieser Teilbereich des Klimatestes wird mit guten Noten bewertet. Auch in die Diebstahlsicherheit (Note 4,2) wurde investiert, denn rund 700 zusätzliche stabile Fahrradständer bieten nun die Möglichkeit, sein Zweirad sicher anschließen zu können. Um neue Kundenkreise für die umweltfreundliche Mobilität zu erschließen, wurde ein Zuschussprogramm für Lastenräder initiiert. Dieses Programm ist mit einer sozialen Komponente ausgestattet, so dass einkommensschwache Familien einen höheren Zuschuss erhielten. Zudem gibt es einen Nachhaltigkeitsbonus für alle, die nach drei Jahren ihr Auto abgeschafft haben.
Dass der Radverkehr spätestens mit der Corona-Pandemie rasant an Stellenwert gewinnt, zeigt die Resonanz des ADFC-Fahrradklima-Tests. In diesem Jahr wurde bundesweit ein neuer Rekord an Teilnehmenden erzielt. Karlsruhe liegt dabei mit einem Zuwachs von 41 Prozent auf nunmehr 2.682 ausgefüllte Fragebogen deutlich über dem Deutschschnitt. Grundsätzlich macht es den Karlsruherinnen und Karlsruhern mehr Spaß als Stress (Note 2,6) in der Fächerstadt zu radeln, auch wenn beispielsweise Ampelschaltungen (Note 3,9) und Falschparkerkontrolle auf Radwegen (Note 4,3) nicht so gut weg kommen. Auch wurden die großen Bemühungen der Stadt, den Radverkehr an den Kombilösungsbaustellen sicher zu führen, nicht honoriert, die Note war mit 4,1 wieder wie vor zwei Jahren.
Ansporn für die Zukunft
Die Ergebnisse des Fahrradklima-Tests sieht der Oberbürgermeister zugleich als einen Ansporn für die Zukunft, denn mit Blick auf die Gesamtnote sagte Mentrup: "Wir sind zwar auf dem ersten Rang gelandet, aber mit der Note ‚befriedigend‘, da ist noch viel Luft nach oben." Karlsruhe hat sich vorgenommen, den Anteil der Radfahrenden am Gesamtverkehrsaufkommen von derzeit rund 30 Prozent weiter zu steigern und gleichzeitig die Zahl der Fahrradunfälle um 25 Prozent zu reduzieren. Um Komfort und Sicherheit gleichermaßen zu erhöhen, sind verschiedene Schwerpunkte geplant. So sollen beispielsweise die Radrouten weiter ausgebaut und mit dem Umland vernetzt werden. Die Planungen für vom Bund geförderte Radschnellwege in Richtung Ettlingen und Rastatt zählen ebenso zu den wichtigen Bausteinen wie die künftige innerstädtische Rad-Südtangente. "Klimaschutz und Mobilitätswende sind wichtige Anliegen, die nicht an der Stadtgrenze enden dürfen", betonte OB Mentrup, "wir möchten auch die Pendlerinnen und Pendler aus der Region zum Umsteigen anregen". Bei dieser Gruppe bewege sich der Anteil der Radelnden am Gesamtverkehrsaufkommen teilweise nur im einstelligen Prozentbereich.
Ein zusätzliches Plus an Sicherheit versprechen zudem die Aufgeweiteten Radaufstellstreifen (ARAS) an Kreuzungen, die sukzessive umgesetzt werden. Bei der Markierung von Fahrradstraßen will sich die Stadt zukünftig an der Musterlösung des Landes Baden-Württemberg orientieren, die ersten drei Abschnitte sind bereits in Vorbereitung.
"Vorzeige-Stadt der Verkehrswende"
Für die Weiterentwicklung der erfolgreichen Radverkehrsförderung setzt die Stadt Karlsruhe auf ein neues Format. Nach Abschluss des Audit-Verfahrens BYPAD wird aus dessen Ergebnissen das "Karlsruher Programm für aktive Mobilität" weiterentwickelt. "Mit diesem Programm wollen wir zu einer Vorzeige-Stadt der Verkehrswende werden", erklärt der Oberbürgermeister. Nicht nur die Radfahrenden, sondern auch der Fußgängerverkehr und weitere Aspekte einer klimafreundlichen Mobilität sollen hierbei angemessen berücksichtigt werden. Dazu zählen beispielsweise die Förderung des Car-Sharings und neue Formen des Lieferverkehrs, etwa mit Lastenrädern für Gewerbetreibende.
Seit kurzem hat das Thema Radverkehr in Karlsruhe sogar eine wissenschaftliche Komponente erhalten. Zum 1. März hat Professorin Dr. Angela Francke an der Hochschule Karlsruhe Technik und Wirtschaft die vom Bundesverkehrsministerium initiierte Stiftungsprofessur für Radverkehr angetreten. Als Schwerpunkte ihrer Tätigkeit sieht Professorin Francke die Förderung der nachhaltigen Mobilität, geleitet von der Frage, wie das Fahrrad im Zusammenspiel mit allen anderen Verkehrsteilnehmenden das Verkehrsmittel der ersten Wahl werden kann. Dabei geht es auch um verkehrspsychologische Hintergründe, Fragestellungen zur Mobilitätsnutzung und Entwicklung einer nachhaltigen Mobilität in urbanen und ländlichen Räumen. Bei dem Transfer der Forschungsergebnisse in die Praxis ist die enge Zusammenarbeit mit den Partnerinnen und Partnern in Verwaltung, Planung und Politik von besonderer Bedeutung, "Wir freuen uns schon jetzt auf einen regen Austausch mit Frau Professorin Francke und auf neue Impulse", sagt Oberbürgermeister Mentrup und hofft, dass „die Stiftungsprofessur für Radverkehr ein wichtiger Baustein ist, um unsere Spitzenposition als Fahrradhauptstadt weiter ausbauen zu können". |