Anwesenheit von Menschen kann tödliche Folgen haben
Auch wenn heimische Wildtiere nicht direkt vom Corona-Virus befallen werden, sind sie dennoch von der Pandemie-Situation derzeit in verstärktem Maß betroffen. Weil sich Ausflügler, Spaziergänger und Sportler gerade in den Zeiten des Lockdowns in großer Zahl draußen aufhalten, werden dadurch Rückzugsgebiete von Wildtieren beeinträchtigt. Dass dies für die Tiere lebensgefährliche Folgen haben kann, zeigt ein tragischer Vorfall vom vergangenen Wochenende, als einige Rehe dem Hochwassertourismus auf den Rheindämmen zum Opfer gefallen sind.
Einsatzkräfte, Förster und Jäger mussten im Unterwald bei Knielingen mit ansehen, wie Rehe im Rheinhochwasser aus Erschöpfung, Durchnässung und Unterkühlung leiden mussten und auch qualvoll verendet oder ertrunken sind. Stefan Lenhard, städtischer Wildtierbeauftragter bei der Unteren Jagdbehörde im Forstamt, ist überzeugt: "Die Anwesenheit der vielen Erholungssuchenden auf den Dämmen und fehlende Fluchtmöglichkeiten in überflutungsfreie Gebiete haben die Rehe in diese lebensbedrohliche Notlage gebracht". Gut gemeinte Rettungsversuche haben die völlig entkräfteten Tiere noch mehr aufgeschreckt, so dass sie zurück ins kalte Wasser geflohen und höchstwahrscheinlich ertrunken sind.
Appell an Hundehaltende
Leider häufen sich in den letzten Monaten unabhängig vom Hochwasser die Vorfälle, in denen insbesondere Rehe in panische Flucht vor Menschen und auch vor Hunden versetzt wurden. "In der Regel erreichen uns montags die unschönen Bilder von Rehen, die unter Schmerzen und Leiden verendet sind. Häufig enden die wilden Fluchten in Zäunen, wo sich die Tiere verletzen oder sofort verenden" berichtet Stefan Lenhard. Immer wieder werden auch im Wald tote Rehe gefunden und gemeldet. Die Todesursache ist auf den ersten Blick meist schnell zu erkennen: Hundebisse oder Verletzungen durch den Straßenverkehr. "Wir können nicht nachvollziehen, warum Hundehaltende es dulden, dass ihr Hund abseits der Wege Rehe oder anderes Wild stört oder sogar hetzt", zeigt sich Lenhard besorgt. Insbesondere bei Tag enden solche Hetzjagden dann häufig mit einem Wildunfall auf einer Straße.
Die Störung von Wildtieren ist aber nicht alleine jagenden Hunden zuzuschreiben, betont Lenhard. Insbesondere in der Pandemiezeit sind in Wald und Flur zahlreiche Sporttreibende in sonst ruhigeren Gebieten und abseits der Wege unterwegs, auch in der Dämmerung und sogar bei Dunkelheit. "Den Drang zur Bewegung spüren Wildtiere im Winter dagegen nicht. In der kalten und nassen Jahreszeit ist das Haushalten mit Energieressourcen für sie überlebenswichtig. Störungen wirken sich da fatal auf den Winterorganismus der Wildtiere aus", erläutert Lenhard.
Tierkinder benötigen besonderen Schutz
Der Blick des Wildtierbeauftragten geht auch in die nahe Zukunft: "In ein paar Wochen beginnt die Brut- und Setzzeit. Gerade in dieser Phase brauchen alle Wildtiere Ruhe und Schutz. Niemand will, dass zum Beispiel Rehkitze qualvoll verhungern, weil die Rehgeiß durch einen Hund, einen Verkehrsunfall oder eine andere Störung zu Tode gekommen ist."
Aber wie verhält man sich zum Schutz von Wildtieren nun richtig? Eigentlich ganz einfach, meint Lenhard: "Spaziergänger, Sportler und ihre Vierbeiner sollen unbedingt auf den Wald- und Feldwegen bleiben. Falls die vierbeinige Begleitung nicht zuverlässig hört, gehört sie an die Leine."
Zumindest die Nachtstunden sollten den Wald- und Feldbewohnern gehören. Wildtiere brauchen Ruhe und sichere Rückzugsräume vor den Menschen und deren Haustieren. Und sie brauchen Fluchtmöglichkeiten in Notlagen wie der aktuellen Hochwassersituation. Daher fordert die Stadtverwaltung dazu auf, insbesondere solche Bereiche meiden, die für die Wildtiere ohnehin schon schwierig zum Überleben sind. Zudem ist das Betreten der Dämme bei Hochwasser ohnehin aus Sicherheitsgründen untersagt. |