Krüger: Energieerzeugung aus Biomasse hat keine Zukunft / Pariser Klimaziele erfordern schnelles und entschiedenes Handeln
Berlin/Brüssel, 28.1.21 – Die Erneuerbare-Energien-Richtlinie der Europäischen Union soll bis Juni an das neue EU-Klimaziel angepasst werden. Hierzu hat die Europäische Kommission eine Konsultation gestartet, die am 9. Februar endet. Der NABU begrüßt die Novellierung der Richtlinie: Erneuerbare Energien leisten einen wichtigen Beitrag, schädliche Treibhausgasemissionen zu senken. Sorgen bereitet dem NABU jedoch, dass die Arten- und Klimakrise nur unzureichend beachtet wird. So ist der Anteil erneuerbarer Energien am Energieverbrauch nicht ambitioniert genug, um die Pariser Klimaziele zu erreichen. Gleichzeitig ist kein Ende der umweltschädlichen Energieerzeugung durch Bioenergie und Biokraftstoffen in Sicht. Erst vor wenigen Tagen hat das Joint Research Center der EU-Kommission eine Studie veröffentlicht, die die Risiken der Verbrennung von Holz zur Energiegewinnung aufzeigt.
NABU-Präsident Jörg-Andreas Krüger: „Bei der Bioenergie läuft die EU-Kommission Gefahr, sich selbst zu widersprechen. Biomasse ist nicht so grün, wie sie scheint. Ihre Klimabilanz ist sogar noch schlechter als die der fossilen Energieträger, da im Holz gespeichertes Kohlenstoffdioxid freigesetzt wird. Bei Biokraftstoffen auf Basis von agrarischen Rohstoffen ist die Bilanz ähnlich verheerend. Besonders die energetische Nutzung von Waldholz ist schädlich. Es reicht nicht aus, die Nachhaltigkeitskriterien für Biomasse zu stärken. Wir brauchen ein generelles Umdenken und ein Ende der Subventionen für die energetische Nutzung von Waldholz. Auch die Anrechenbarkeit der Agrokraftstoffe muss möglichst schnell auslaufen – beginnend mit solchen, die besonders große Risiken der indirekten Landnutzungsänderung bergen. Nur ohne umweltschädliche Bioenergie und -kraftstoffe können höhere Ziele zum Ausbau von erneuerbaren Energien erreicht werden.“
Auch wenn der europäische Strom im vergangenen Jahr erstmals zum Großteil aus erneuerbaren Energien erzeugt wurde, ist der Anteil fossiler Energieträger am Energieverbrauch laut NABU immer noch deutlich zu hoch. Das 2030-Ziel von 32 Prozent Anteil erneuerbarer Energien steht nicht im Einklang mit dem Pariser Klimazielen. Nur ein Ziel von mindestens 50 Prozent ermöglicht den Übergang zu einer klimafreundlichen Zukunft. Wichtig ist dabei, dass der Ausbau der erneuerbaren Energien naturverträglich gestaltet wird. „Der neueste Bericht der europäischen Umweltagentur weist darauf hin, dass es für die Nachhaltigkeit des Energiesektors wichtig ist, die Auswirkungen des Ausbaus erneuerbarer Energien auf terrestrische und aquatische Ökosysteme so minimal wie möglich zu halten. Deswegen muss bei der Energiewende auch die Naturverträglichkeit in der ersten Reihe stehen“, so Verena Bax, Referentin für EU-Energiepolitik beim NABU.
Fast zeitgleich mit der Erneuerbaren-Energien-Richtlinie wird in Brüssel der Entwurf zur Neufassung der Verordnung für transeuropäische Energieinfrastruktur (TEN-E) konsultiert. Die Verordnung soll die Langzeit-Offshore-Stromnetzplanung strategisch vorantreiben. Der NABU begrüßt, dass die EU-Kommission die Förderung von Gas- und Ölleitungen ausgeschlossen hat: „Es ist jetzt wichtig, dass die EU-Kommission nicht vor der Erdgaslobby in die Knie geht. Stattdessen brauchen wir mehr Stromnetze. Sie sind wichtig für die Energiewende und müssen zur Integration von naturverträglichen erneuerbaren Energien umweltgerecht geplant und umgesetzt werden“, so Bax.
Die europarechtlichen Verpflichtungen des Meeresschutzes und der schlechte Zustand der europäischen Meere blieben im Entwurf der Verordnung jedoch unberücksichtigt. Der NABU fordert daher, dass sich die Ausbauziele der Mitgliedsstaaten pro Meeresbecken für 2030, 2040 und 2050 an den ökologischen Belastungsgrenzen orientieren. In einer Folgenabschätzung müssen die negativen Auswirkungen des Ausbaus von Offshore-Stromnetzen und Offshore-Windparks für die Meeresumwelt bewertet und konkrete Maßnahmen daraus abgeleitet werden. Darüber hinaus muss der Umfang verpflichtender Nachhaltigkeitskriterien der TEN-E-Verordnung deutlich ausgeweitet und an die ausschließliche Förderung erneuerbare Energien, der Naturverträglichkeit und an soziale Kriterien geknüpft werden. Klima- und naturfreundliche Aspekte müssen laut NABU bereits in den europäischen Zehn-Jahres-Netzentwicklungsplan einfließen. |