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Rückblick und Ausblick
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Rückblick und Ausblick
Das Corona-Jahr 2020 war auch ein Schaltjahr, ein AKW-Fessenheim (Ab-) Schaltjahr

Am 22.2.2020 und am 29.6.2020 wurden die maroden Reaktoren des AKW Fessenheim endlich abgeschaltet. Dies ist ein großer Erfolg für die trinationale Umweltbewegung am Oberrhein, ein gemeinsamer Erfolg. Die französische Betreiberfirma EDF stünde ohne Staatsbeihilfen am Rande eines Bankrotts und die jahrzehntelang massiv gefallenen EDF-Aktien zeigen, wie die Märkte den Atomkonzern bewerten. Strom aus Wind und Sonne ist kostengünstiger als Strom aus neuen AKW. Die Fessenheimer AKW-Abschaltung ist nicht vom Himmel gefallen, sie wurde mühsam erkämpft. Gemeinsam haben wir an einer kleinen Stelle die globalen Zerstörungsprozesse entschleunigt.

Der Protest gegen das AKW war und ist mit einem Klavier mit vielen, vielen Tasten zu vergleichen.
Die „Protest-Tasten“ waren Kundgebungen, Demos, Plakataktionen, die frühe Mastbesetzung in Heiteren (F), Unterschriftensammlungen, Kleinanzeigen, weit über 100.000 BUND-Flyer und Plakate, kritische Studien, Kataströphchenschutzkritik, die "Entwendung" des Katastrophenschutzplanes, das illegale -Radio Verte Fessenheim-, Stromzahlungsboykott, Internetseiten und Newsletter, Aufkleber, TRAS-Klagen, parteiüberschreitender PolitikerInnen-Protest, Leserbriefe, Banner und Fahnen an Balkonen, für Demos gebackene Kuchen, engagierte KünstlerInnen, Resolutionen, Medienarbeit und seit der Reaktorkatastrophe von Fukushima auch die Mahnwachen, insbesondere in Breisach, aber auch in Müllheim, Weisweil und Endingen. Jede einzelne dieser „Protest-Klavier-Tasten“ war wichtig und gelebte Demokratie und erhöhte den Abschaltdruck. Nur alle Tasten gemeinsam erzeugten die Protest-Melodie.

Es waren auch die vielen, vielen Menschen,
die fast 5 Jahrzehnte grenzüberschreitend gemeinsam, erstaunlich gewaltfrei und rational, jede und jeder an ihrer Stelle für einen menschengerechten Fortschritt gewirkt haben. Ich möchte mich bei den Aktiven bedanken, aber auch an die verstorbenen MitstreiterInnen erinnern, nur stellvertretend für viele an: Walter Mossmann und Solange Fernex, aber auch an die weniger bekannten, wie Wolf Fleischer und Thomas Passaglia.
Nicht nur Atomkraftwerke "kommen in die Jahre", sondern auch soziale Bewegungen und es war gut, dass die alten, gefährlichen Kisten endlich abgeschaltet wurden.

Jetzt gilt es nach vorne zu schauen
Wir werden den AKW-Abriss, der kein Billigabriss werden darf, kritisch begleiten und es ist gut, dass gerade die Aktiven im Elsass sich so engagiert gegen die Pläne der EDF, gegen ein "atomares Technocentre", engagieren.

Doch die Hauptgefahren für unsere Region am Oberrhein
liegen, nach der Entleerung der gefährlichen Zwischenlagerbecken, nicht mehr in Fessenheim, sondern in der Ballung der Atomanlagen am Hochrhein in der Schweiz.
In Beznau steht das älteste AKW der Welt und das AKW Leibstadt hat den gleichen Reaktortyp wie die AKW in Fukushima. Hinterm Jura strahlt das AKW Gösgen. Und die schöne, reiche Schweiz, die in der Corona-Krise wieder einmal zeigt, dass die Interessen der Wirtschaft wichtiger sind als das Leben der Alten und Schwächsten, will eine AKW-Gefahrzeitverlängerung auf unglaubliche 60 Jahre durchsetzen. Dazu kommt das gerne vergessene atomare Zwischenlager, der Atommüllofen und die Atomfabrik in Würenlingen. Und wohin soll das atomare Endlager der Schweiz? Wieder in die Grenzregion am Hochrhein, in eine im internationalen Vergleich viel zu dünne Schicht Opalinuston.

Auch neue alte AKW-Pläne bringen Gefahren
Die internationale Atomlobby war nach Fukushima und Tschernobyl für kurze Zeit ein wenig in Deckung gegangen. Aufgegeben hat sie nicht. Das globale atomare Dorf, die alten mächtigen Seilschaften aus Konzernen, Lobbyisten und Atomparteien funktionieren noch, aber die Durchsetzungsstrategien wurden optimiert. Mit dem Klimaschutz-Argument werden gefährliche neue Atomkraftwerke grüngewaschen. Doch warum soll die Welt auf eine gefährliche, teure Hochrisikotechnologie wie den Thorium-Reaktor setzen, wenn wir kostengünstige, umweltfreundliche Alternativen haben aus denen sich keine Atombomben bauen lassen? Wenn "sonnenarme" Länder wie der Iran, Saudi-Arabien, Jordanien, Türkei, Ägypten und die Vereinigten Arabischen Emirate neue, teure AKW bauen wollen, dann geht es weniger um Energie, als um einen "nordkoreanischen" Machtzuwachs.
Häufig bekämpfen die gut organisierten Verfechter des atomar-fossilen "weiter so" aggressiv die umweltfreundlichen, zukunftsfähigen Alternativen und die Energiewende.

Das vergangene Fessenheimer (Ab-) Schaltjahr ist Grund zu Freude
und ähnlich wie die alten Erfolge in Wyhl (D), Kaiseraugst(CH) und Gerstheim(F) auch eine Ermutigung für die weltweite Umweltbewegung. In die Jahre gekommene Bewegungen lassen sich nicht einfach so "umswitchen" und viele von uns werden (erfreulicherweise) in den oben genannten Konflikten nicht mehr in der ersten Reihe stehen.
Dennoch gibt es in Zeiten der Klimakatastrophe, der Artenausrottung, fortschreitender atomarer Gefahren, massiver Aufrüstung und wachsender globaler Irrationalität auch im Jahr 2021 noch viel zu tun.

Amitié franco suisse allemande
Axel Mayer, Mitwelt Stiftung Oberrhein, Vizepräsident TRAS, Kreisrat, (Alt-)BUND-Geschäftsführer
 
Eintrag vom: 04.01.2021  




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