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Bamberger Birnförmige Zwiebel geht an Bord der Slow-Food-Arche
Bamberger Birnenförmige Zwiebel (c) Georg Lang
 
Bamberger Birnförmige Zwiebel geht an Bord der Slow-Food-Arche
Aromatisch, traditionsreich – stark bedroht

Für den traditionsreichen Bamberger Gartenbau war die Bamberger Birnförmige Zwiebel über Jahrhunderte ein Eckpfeiler. Weil sie mit Neuzüchtungen nicht mehr mithalten konnte, verschwand sie fast. Den Verlust dieses Traditionsgemüses möchte Slow Food Deutschland stoppen – und nimmt die Zwiebelsorte in die Arche des Geschmacks auf.

Einst im Juli schnallten sich Bambergs Gärtner*innen Bretter unter die Schuhe, mit denen sie in ihren Gärten das Grün der Zwiebeln auf den Boden traten. So wurde verhindert, dass die Zwiebeln bereits im zweiten Jahr Samenstände trieben. Über Jahrzehnte ging das so und schuf einen ganz eigenen Spitznamen für die Bamberger: Zwiebeltreter*innen. Dieser wird bis heute leicht spöttisch benutzt, nur das zu Grunde liegende Gemüse ist mittlerweile bedroht. So wie die Jahrhunderte lange Gartenbau-Tradition im Zentrum der fränkischen Stadt immer weiter erblasst, verschwand auch das einst wichtigste Gemüse aus diesen Gärten: Die Zwiebel, in der Stadt traditionell länglich und birnenförmig gezogen.

Allein seit der Jahrtausendwende sank der Anbau des Gemüses um mehr als 75 Prozent. „Dabei ist die birnenförmige Zwiebel sowohl mit der Gartenbau-Tradition als auch mit dem kulinarischen Erbe Bambergs eng verbunden“, sagt Gerhard Schneider-Rose, Leiter der Arche-Kommission von Slow Food Deutschland. „Wenn wir diese einzigartige, charakteristische Sorte erhalten wollen, müssen wir jetzt aktiv für ihre Nutzung werben.“ Deswegen nimmt Slow Food Deutschland die Bamberger Birnförmige Zwiebel in die Arche des Geschmacks auf. Sie ist der 77. Passagier. In der Arche des Geschmacks sammelt Slow Food seit 1996 alte Sorten, Lebensmittel und Zubereitungsarten, die vom Aussterben bedroht sind. Weltweit schützt der Verein so mehr als 5.000 Passagiere. Voraussetzung: Die Sorten sind charakteristisch für die kulinarische oder handwerkliche Tradition einer Region und zumindest in kleinem Umfang noch käuflich erwerbbar.

Das ist auch bei der Bamberger Zwiebel so - noch. Der gewerbliche Anbau geht seit Jahrzehnten stark zurück. Hauptursache ist der Niedergang der "Bamberger Gärtnerey", die die Stadt einst prägte. Von 400 Betrieben Mitte des 19. Jahrhunderts gab es im Jahr 1980 noch 120, im Jahr 2000 15 und in diesem Sommer noch acht. Auch der seit den 1970er Jahren verstärkte Druck, ertragreichere neue Zuchtsorten anzubauen, ließ die Birnförmige ins Hintertreffen geraten. So sank die Anbaufläche allein in den vergangenen zehn Jahren von 1,3 auf 0,8 Hektar. Die Birnförmige ist eben ein echtes Unikat: Sie wächst langsam und ist pflegeaufwändig. Dafür belohnt sie mit feinem Geschmack. Die Schärfe ist spürbar geringer als die anderer gelber Zwiebeln. In der traditionellen Küche des Bamberger Raumes hat die Birnförmige einen Ehrenplatz. Mit rohen Zwiebelringen dieser Sorte wird das „Zwiebelbrot" belegt, eine dick mit Butter bestrichene Scheibe vom „Frankenlaib", dem großen runden Sauerteigbrot. Die Birnförmige adelt auch den Fränkischen Zwiebelkuchen: In Schweineschmalz gedünstete Zwiebelringe werden mit etwas saurer Sahne und ganz wenig Räucherspeckwürfeln auf dünn ausgerollten Sauerbrotteig gelegt und knusprig gebacken.

Heute pflanzen und ernten Gärtner*innen im gesamten nordbayerischen Raum die Zwiebel wieder. Unter anderem Markthändler*innen auf dem Bamberger Wochenmarkt verkaufen sie.
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Eintrag vom: 11.11.2020  




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