Krüger: Schutz der Artenvielfalt braucht eigenen Finanztopf - mit mindestens 15 Milliarden Euro pro Jahr
Brüssel – Zu den heutigen Verhandlungen der Staatschefs zum EU-Haushalt für die Jahre 2021 bis 2027 fordert der NABU, den Schutz der Artenvielfalt endlich ausreichend zu finanzieren. Mit Blick auf die alarmierende Lage von Arten und Lebensräumen muss erstmals ein eigenes Budget für den Naturschutz eingerichtet werden, das jährlich mindestens 15 Milliarden Euro umfasst. Einen solchen EU-Naturschutzfonds hat auch die Bundesregierung in ihrem Koalitionsvertrag festgeschrieben. Dieses Geld ist mindestens erforderlich, um die EU-weit selbst gesteckten Naturschutzziele zu erreichen. Mit dem Geld müssen vor allem Landwirte für Naturschutzleistungen belohnt werden, etwa für das Anlegen von Hecken, Brutflächen für Vögel oder die Pflege von artenreichen Wiesen und Weiden.
„Der Naturschutz ist in Deutschland und Europa seit Jahrzehnten chronisch unterfinanziert. Die Folgen sind besorgniserregend: Insekten und Vögel verschwinden in atemberaubenden Tempo, Landwirtschaft und Wälder sind nicht vorbereitet auf die Erderhitzung. Es ist gut, dass Ursula von der Leyen diese Probleme erkannt hat und weit oben auf ihre Agenda setzt. Jetzt muss ihr ‚Green Deal‘ aber auch mit Geld hinterlegt werden, um die Arten- und Klimakrise zu stoppen. Die EU kann nur so grün werden, wie es ihr Haushalt erlaubt“, so NABU-Präsident Jörg-Andreas Krüger.
Die Finanzplanung der EU muss dazu grundlegend überarbeitet werden, vor allem das Agrarbudget. Dieses macht derzeit mit knapp 60 Milliarden Euro fast 40 Prozent des EU-Haushalts Jahr aus. „Die jetzige Subventionspolitik ist ein extrem teurer Anachronismus, der für Klima und Natur zu wenig bringt, Korruption fördert und nachhaltig arbeitende Landwirte benachteiligt. Wir brauchen daher dringend eine Neuverteilung der Subventionen, um Landwirten dabei zu helfen, natur- und klimaverträglicher zu arbeiten“, so Krüger. Die derzeitige Gemeinsame Agrarpolitik der EU (GAP) halten selbst die Berater des Bundeslandwirtschaftsministeriums und der Europäische Rechnungshof für hochgradig ineffizient und nicht zeitgemäß.
Um die Agrarpolitik gleichermaßen fair für Landwirte, Natur und künftige Generationen zu gestalten, müssen die bisher pauschal pro Fläche ausgeschütteten Direktzahlungen schrittweise abgeschafft werden. Stattdessen müssen sie für die Honorierung konkreter Leistungen der Landwirte für die Natur zweckgebunden werden. Europaweit sind 15 Milliarden Euro jährlich notwendig, für Deutschland hat die Bundesregierung 1,4 Milliarden veranschlagt. Bisher steht davon lediglich etwa ein Drittel zur Verfügung.
Der heute vorliegende Haushaltsentwurf, noch unter dem vorigen Haushaltskommissar Oettinger erstellt, widerspricht jedoch den Plänen Ursula von der Leyens, Europa zum Vorreiter im Naturschutz zu machen: Für die Biodiversität ist bisher überhaupt kein eigenes Budget vorgesehen. Zudem hält der Entwurf an den umweltschädlichen Direktzahlungen fest. Und der bisher progressivere und deutlich kleinere Teil des GAP-Budgets, die sogenannte Zweite Säule, soll überproportional gekürzt werden. „Es ist klar, dass diese Agrarpolitik dem Arten- und Klimaschutz keinesfalls hilft und stattdessen die Probleme verschärfen wird“, warnte Krüger. Auch der Europäische Rechnungshof hat die von der vergangenen Kommission ins Feld geführten 40 Prozent Klimaleistungen der GAP bereits als „unrealistisch“ und nicht messbar widerlegt.
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