Miller: Deutschland darf Fehler der Niederlande nicht wiederholen
Berlin – Der NABU lehnt ein von Hamburgs Umweltsenator Kerstan und Niedersachsens Umweltminister Lies ins Gespräch gebrachte Sperrwerk an der Elbe-Mündung zur Nordsee strikt ab. Dass sich Politiker angesichts der Klimakrise mit dem Anstieg des Meeresspiegels befassen, sei zwar zunächst richtig. Sich jedoch als Umweltminister gleich auf die ökologisch problematischste Lösung festzulegen, zeuge von wenig Sachverstand und Sensibilität für das durch die früheren Ausbaggerungen und die laufende Umsetzung der Elbvertiefung erheblich geschädigte Ökosystem.
„Dieser Vorschlag ist an Absurdität kaum zu überbieten. Mit der Elbvertiefung hat man wissentlich die Sturmflutrisiken an der Elbe selbst erhöht. Ein Sperrwerk als Lösung ist eine Idee von vorgestern und wird den künftigen Herausforderungen durch die Klimakrise nicht gerecht“, so NABU-Bundesgeschäftsführer Leif Miller. „Die Niederländer haben die ökologischen Auswirkungen von Sperrwerken bereits zu spüren bekommen und zahlen dafür einen hohen Preis. Deutschland darf Dekaden später nicht die gleichen Fehler wiederholen.“
Statt Sperrwerke zu bauen und damit einzigartige, geschützte Lebensräume endgültig zu vernichten, müssen Deiche umfangreich zurückverlegt und der Elbe mehr Flutraum gegeben werden. Das wäre nach Auffassung des NABU bereits heute dringend erforderlich, um die im Wasserkörper des Hamburger Hafens problematische Sauerstoffsituation zu entschärfen. Die gesetzlich geforderte Verbesserung des ökologischen Zustands der Elbe im Sinne der Wasserrahmenrichtlinie und des Erhaltungszustands von Lebensräumen und Tier- und Pflanzenarten nach der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie sind nur so zu erreichen.
Damit würde sich auch die Hochwassersituation entspannen. Maßnahmen zur Verbesserung des ökologischen Zustands der Elbe werden seit 2013 zwischen den Bundesländern Niedersachsen, Hamburg und Schleswig-Holstein sowie allen relevanten gesellschaftlichen Gruppen im Forum Tideelbe diskutiert. „Bis heute ist keine der vielen Maßnahmen umgesetzt worden, während parallel die Situation durch die laufende Elbvertiefung verschärft wird“, so Malte Siegert, Leiter Umweltpolitik beim NABU Hamburg. Zudem sei es nicht hinnehmbar, während der aktuell laufenden Elbvertiefung bereits den nächsten Großeingriff in das sensible Ökosystem Elbe ins Visier zu nehmen. Siegert: „Der Elbe ist schon genug zugemutet worden, sie ist in einem schlechten Zustand.“
Bereits die im Rahmen der aktuellen Elbvertiefung durchgeführten Bauarbeiten an der Grenze des UNESCO-Welterbegebiets Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer drohen der Flussmündung einen großen ökologischen Schaden zuzufügen. Der Bau eines Sperrwerks würde das größte noch existierende Wattenmeer-Ästuar endgültig zerstören. Solche Pläne im vom Umweltbundesamt ausgelobten „Jahr des Großen Nordseeästuars“ bereits nur zu diskutieren zeugt von großer Ignoranz für die Belange des Wattenmeer-Welterbegebietes. Statt weitere Beeinträchtigungen zu planen, sollten zügig Maßnahmen umgesetzt werden, die das aus dem Ruder laufende ökologische Gleichgewicht des Flusses und seines Mündungsgebiets wieder herstellen. |