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NABU: Europas Meeresschutz hat versagt
Krüger: Europa hat gute Schutzvorschriften für die Meere, doch die Umsetzung ist mangelhaft und wird von den EU-Mitgliedsstaaten vernachlässigt

Berlin, 27.11.2020 – In seinem gestern veröffentlichten Sonderbericht zur Meeresumwelt kritisiert der Europäische Rechnungshof verfehlte Meeresschutzziele und fordert mehr Engagement und Finanzmittel für den Schutz mariner Arten und Lebensräume. Meeresschutzgebiete seien die „Schatzkammern“ der Meere, so der Rechnungshof. NABU-Präsident Jörg-Andreas Krüger: „Mit seinem Sonderbericht legt der Europäische Rechnungshof den Finger in die Wunde: Europa hat gute Schutzvorschriften für die Meere, doch die Umsetzung ist mangelhaft und wird von den EU-Mitgliedsstaaten vernachlässigt. Das Ziel, einen guten Zustand der Meere zu erreichen, wurde 2020 krachend verfehlt.“

Der Bericht benennt insbesondere zwei Stellschrauben, deren Relevanz auch der NABU immer wieder betont: Eine bessere, wirkungsvollere Fischereipolitik und der wirksame Schutz in Schutzgebieten.

„In der Gemeinsamen Fischereipolitik der EU hat sich besonders Artikel 11 nicht bewährt, mit dem gemeinsame Fischereiregulierungen in Meeresschutzgebieten festgelegt werden. Das Verfahren ist zu kompliziert und zu langwierig. Zu häufig werden Schutzmaßnahmen von einzelnen Staaten blockiert. Aus dem Topf des Europäischen Meeres- und Fischereifonds fließen gerade einmal sechs Prozent in Erhaltungsmaßnahmen. Das ist zu wenig, um die Meere zu retten, die Fischerei zu reformieren und Wiederherstellungsmaßnahmen zu fördern“, so Krüger. Der NABU fordert gemeinsam mit seinem Dachverband Birdlife International mindestens 25 Prozent des zukünftigen Meeres- und Fischereifonds für den Naturschutz zu reservieren.

„Bei den Meeresschutzgebieten offenbart der Sonderbericht des Rechnungshofes das Totalversagen der Meerespolitik“, so Krüger weiter. „Sie bieten kaum Schutz für seltene und bedrohte Arten wie Schweinswale oder Seetaucher. Fischerei, Schifffahrt, Rohstoffabbau und Großprojekte wie der Fehmarnbelttunnel – all das ist heute in Schutzgebieten möglich. Die Managementpläne der Schutzgebiete werden von den sogenannten Nutzerressorts, den Landwirtschafts-, Verkehrs- oder Wirtschaftsministerien in Bund und Ländern immer wieder verwässert. Effektive Maßnahmen werden verzögert oder vollständig verhindert. Genau deshalb werden deutsche und europäische Umweltziele verfehlt.“ Helfen könnte laut Krüger der aktuelle Prozess zur Fortschreibung der marinen Raumordnung, der auch in Deutschland läuft und bis Sommer 2021 abgeschlossen werden soll. „Der gute Umweltzustand von Nord- und Ostsee muss das erklärte Ziel der Raumordnung sein. Wir müssen den kumulativen Druck auf die Natur verringern und Flächen aus der Nutzung nehmen. Es ist an der Zeit, dass die Bundesregierung, aber auch die Länder, den Schutz der Meere als gemeinsame Zukunftsaufgabe verstehen. Genau das fordert auch der Bundesrechnungshof“, betont Krüger.

Hintergrund:
Der Meeresschutz in Europa ist insbesondere in der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH) aus dem Jahr 1992 sowie in der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie von 2008 geregelt. Beide fordern einen guten Zustand unserer Meere, einschließlich ihrer Arten und Lebensräume. Bislang wurden die Ziele der beiden Richtlinien nicht erreicht. In der deutschen Nordsee etwa erreicht nur knapp die Hälfte der nach FFH-Richtlinie geschützten Lebensraumtypen den geforderten günstigen Erhaltungszustand; in der Ostsee ist es kein einziger. Keines der deutschen Meeresschutzgebiete bietet echten Schutz, indem zumindest in Kernzonen jegliche Nutzungen ausgeschlossen sind. Auch das sieht der Europäische Rechnungshof als typisches Defizit. Der aktuelle Prozess zur Neugestaltung der Meeresraumordnung könnte dies jedoch ändern.
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Eintrag vom: 28.11.2020  




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