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Wir haben den Dünnschnabel-Brachvogel ausgerottet
(c) mitwelt.org
 
Wir haben den Dünnschnabel-Brachvogel ausgerottet
Im Jahr 1995 wurde der letzte Dünnschnabel-Brachvogel (Numenius tenuirostris) sicher nachgewiesen. Seither wurde die Art intensiv gesucht. Doch weder in den Brutgebieten, den Waldsteppen und Steppen Kasachstans und Russlands, noch in den europäischen Rastgebieten während des Vogelzugs oder in den Überwinterungsregionen in Nordafrika und Westasien wurde er gefunden. Es halfen weder Suchexpeditionen noch Aufrufe an Vogelbeobachter. Am 17.11.2024 hat ein Team aus Spezialisten verschiedener Vogelschutzorganisationen und des britischen Naturkundemuseums im Fachjournal Ibis eine Studie veröffentlicht, die zu dem Ergebnis kam, dass die Vogelart mit allergrößter Wahrscheinlichkeit nicht mehr existiert.

Der Dünnschnabel-Brachvogel gilt als ausgestorben.

"Ausgestorben" ist ein seltsam beschönigender Neusprech-Begriff. Es klingt nach "still von uns gegangen". Ausgerottet, ausgelöscht, ausgemerzt …, diese Begriffe beschreiben den Umstand des "Aussterbens" ein wenig treffender. Korrekt (und schmerzhaft) wäre es zu sagen: "Wir haben den Dünnschnabel-Brachvogel ausgerottet". Beim Riesenalk war der Vorgang des Ausrottens noch spektakulärer. Am 3. Juni 1844 wurde auf der Island vorgelagerten Insel Eldey das letzte bekannte Brutpaar des Riesenalks erschlagen.

Der Dünnschnabel-Brachvogel ist der Zugvogeljagd, dem Verlust seiner letzten naturnahen Lebensräume und der globalen Verwandlung der Agrarlandschaft in eine Agrarfabrik zum Opfer gefallen. In Westsibirien werden auf riesigen Flächen immer mehr Moore trockengelegt und Küstenfeuchtgebieten, die wichtige Überwinterungs- und Nahrungsplätze waren, werden weniger. Doch diese, von der Wissenschaft aufgezeigten Ursachen des Aussterbens sind nur Symptome des Grundproblems.

"Der Mensch ist der Natur ein Mensch".

Etwa 5- bis 10 Millionen Menschen lebten vor 10 000 Jahren auf der Erde. Heute sind es 8 Milliarden Menschen, die alle so verschwenderisch leben wollen wie wir. "Ein Milliardär ist so klimaschädlich wie eine Million Menschen", sagt eine Oxfam-Studie aus dem Jahr 2022. Millionäre wären gerne Milliardäre und Gutverdienende wollen Millionäre sein. Arme wäre gerne Gutverdienende und "der arme Rest der Welt" würde gerne so verschwenderisch leben wie wir. Das kann und wird nicht gutgehen. Nicht für die Natur und auch nicht für die Menschen.

Neuere Studien sagen, dass bisher ca. 1.430 Vogelarten vom Menschen ausgerottet wurden, das entspricht etwa 11 % aller Vogelarten. Daten der International Union for Conservation of Nature (IUCN) weisen darauf hin, dass wir in den nächsten hundert Jahren bis zu 700 weitere Vogelarten verlieren könnten. Täglich werden gerade bis zu 150 Tier- und Pflanzenarten ausgerottet und dieser Vorgang wird durch unseren Lebensstil, durch das zerstörerische globale Wachstum und den darauf folgenden Klimawandel beschleunigt.

Die Appelle der Naturschutzorganisationen, die Vogeljagd zu verbieten, Moore und Küstenfeuchtgebiete zu schützen sind hübsch und wichtig. Doch in der Realität werden in der EU gerade von rechten, konservativen und marktradikalen Parteien die putzigen, bisherigen Naturschutzaspekte im Green Deal massiv zurückgedrängt und in den USA kommt der Konzernlobbyist und Umweltzerstörer Trump an die Macht.

Wenn wir den Klimawandel und die aktuelle, tägliche Ausrottung von bis zu 150 Tier- und Pflanzenarten (im eigenen Interesse) beenden wollen, müssen wir das jetzige, auf Gier beruhende und zutiefst zerstörerische Wachstumssystem beenden. Wir haben die gute Technik für das gute, nicht verschwenderische Leben für alle. Die Umweltbewegung braucht den Mut, dies gegen alle Widerstände noch deutlicher als bisher zu sagen.
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Eintrag vom: 03.12.2024 Autor: Axel Mayer, Mitwelt Stiftung Oberrhein




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